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Gersdorff

  Gottl. Pietschmann, memoria familiae Gersdorffiorum in Hoffm. script. silesiogr. II. 498. 
  Frenzel, nomenclator in script. II. 39. Ejd. Lex. slav. I. 808. msc.

Es war ein König von Burgund, der hieß Rudolph; auf dessen Befehl wurde ein Edelmann hingerichtet, der eine Jungfrau geraubt hatte. Der Edelmann hatte einen Sohn, der war jung und bartlos, der wollte seinen Vater rächen, verkleidete sich als ein Mädchen und kam an den Hof, wo er unter die Dienerinnen der Tochter des Königs aufgenommen wurde. Eines Abends, als er wußte, daß die Hofleute hoch bankettirten und voll süßen Weines waren, verleitete er die junge Königstochter in den Garten spazieren zu gehen. Von dort aus führte er sie immer weiter in's Feld hinein, in der Absicht, sie zu entführen und verbarg sich mit ihr in ein Gerstenfeld.

Bald aber merkte es das Hofgesinde und sagte es dem Könige an, daß die Prinzeß abhanden gekommen. Und der König schickte Alle fort, das Töchterlein zu suchen. Da war einer, Namens Heinrich, des Erasmus Steindorf, eines tapfern Kriegers Sohn, der hatte das Glück sie in dem Gerstenfelde aufzufinden und den Räuber festzuhalten. Dafür erhob der unglaublich erfreute König ihn in den Adelstand, wandelte seinen Namen aus Steindorf in Gerstdorf und legte ihm auf sein Wappen als Helmzier eine Pagenmütze und zwei Büsche Gerstenähren statt eines Federbusches, darum daß er aus dem Gerstenfelde die Prinzessin in die Arme des besorgten Vaters zurückgeführt und von großem Unheil errettet hatte.

Anmerkungen: Vgl. I. 153. 199. 283. II. 73. 241. 258. 298.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862