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Der Koblick in Waltersdorf

In Waltersdorf hatte eine Familie einen Koblick. Er wohnte auf dem Boden in einer Tonne und ließ sich von niemanden sehen, nur von dem Hausvater, der ihm süßen, warmen Hirsebrei als Futter brachte. Dem Wirte war er sehr gut gesinnt. Er sorgte für reichliches Korn, schützte das Haus vor Feuer, die Wirtschaft vor Verlusten an Vieh, die Menschen im Hause vor Krankheit und Unfall. So ging es immer vorwärts, und der Wirt wurde ein wohlhabender Mann. Da starb der Hausvater. Nach seinem Tode wollte die Frau des Sohnes den Koblick nicht mehr im Hause behalten, weil sie sich vor ihm graulte.. Sie peinigte ihren Mann Tag und Nacht, und weil er vor seinem Weibe endlich Ruhe haben wollte, sagte er zu einem alten Knechte, der bei ihm Schafe hütete und der schon bei Lebzeiten des Vaters auf dem Hof gedient hatte, er solle den Koblick fortschaffen. Der wollte erst nicht und redete ihm ab. Aber endlich mußte er dem neue Wirte zu Willen sein. Er ging also auf den Boden, lockte den Koblick, fing ihn in einem Kober und ging dann aufs Feld, wo er den Kober am Renneweg niederlegte. Der Koblick befreite sich aus dem Kober und verschwand auf lange Zeit. Mit der Wirtschaft ging es von Stunde an zurück. Schließlich ging sie gänzlich zu Grunde, durch Viehsterben, Feuersbrunst und Kranksein der Menschen. Inzwischen merkte man aber wieder den Koblick. Einmal kam Schmiedels Sohn in der Nacht von der Arbeit beim Bahnbau nach Hause. Als er in die Stube gekommen war, merkte er, daß da was drin war, und er rief seine Eltern, die in der Kammer schliefen. Sie kamen und konnten erst nichts finden, dann aber huschte etwas hinter die Lade. Nun rückten sie die Trone ab, und da saß der Koblick wie ein schwarzer Kater mit glühenden Augen und rundem Kopf und guckte sie an. Da nahm der Sohn seine Schippe und schob sie dem Koblick unter. Der saß auch ganz still auf dem Schippenblatt und dachte vielleicht, sie bringen ihn auf den Boden in seine Tonne. Aber der Vater machte das Fenster auf und der Sohn schmiß den Koblick raus. Als er unten auffiel, schrie er ganz deutlich: Au! - wie ein Mensch schreit. Und bei Rausschmeißen sahen sie noch, daß er nicht einen langen Schwanz hatte, sondern einen ganz kurzen; die Haare fingen auch nicht am Nacken an. Da war es, als wenn da drei Ringe wären. Nun war der Koblick wieder eine Zeit lang weg. Mit einem Male fing er an, bei den Mühlen zu spuken. Da hat sich ein Müller an ihn herangemacht und hat ihn zu sich eingewöhnt und seit der Zeit hat der Spuk aufgehört. Der Müller aber ist ein reicher Mann geworden.

Quelle: Robert Scharnweber & Otto Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau N.-L., Berlin 1933