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Die Irrlichter bei Lindena

Abends gab es in unsern Torfmooren früher viele Irrlichter. Auch jetzt tauchen ganz vereinzelt noch Irrlichter auf. Im Jahre 1920 ging einmal mein Onkel aus dem Dorfe Lichtena bei Kirchhain gegen Abend auf die Wiese, Rabennest genannt, und wollte das alte Gras abbrennen. Es war aber sehr windig und daher jagte der Wind das Feuer bis auf die Nachbarwiesen. Als der Wind immer mehr wehte, wollte mein Onkel das Feuer wieder auslöschen, aber es konnte ihm nur schwer gelingen. Dabei wurde es ganz finster. Als er nach Hause gehen wollte, sah er aus einem Strauch zwei Lichter auf sich zukommen, es waren zwei Irrlichter. Die Lichter gingen immer auf dem Wege neben ihn her, aber er ging nicht aus dem Gleise. Als die Lichter immer noch weiter neben dem Manne hergingen, sprach er: „Ihr könnt machen, was ihr wollt, ich lasse mich doch nicht verirren“. Als er das gesagt hatte, verschwanden die Lichter wieder in einem Strauch. Diese Lichter wollten ihn in die Irre, ins Moor führen. Darum nennt man sie Irrlichter. Aber die Familie bekam zu Hause Angst um den Onkel, darum machten sich bald alle auf den Weg, um ihn zu suchen. Sie waren aber noch nicht weit gegangen, so hörte man menschliche Schritte und er war es wirklich. Erfreut gingen nun alle mit ihm zurück und er erzählte, was geschehen war. Aber er gelobte, niemals wieder gegen Abend auf die Wiese zu gehen und ein Feuer anzumachen.

Quelle: Robert Scharnweber & Otto Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau N.-L., Berlin 1933