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Die acht Linden auf der Götzingerhöhe bei Neustadt

  M. I, Nr. 62; II, Nr. 8I2, nach dem Volksmunde; 
  auch bei Oertel, Beiträge zur Landes- und Volkskunde des Königreichs Sachsen. S. 227; 
  poet. behand. und auf einen Weber Hans Pohl bez. von Emil Thomas in «Über Berg und Tal», 1925, S. 29f.

Auf derselben Stelle, wo heute der zu Ehren des ersten Historikers der Sächsischen Schweiz, Mag. Götzinger, erbaute und ihm zu Ehren benannte Turm sich erhebt, stand vor alters der Galgen hiesiger Gegend, und im Kreise herum grünten acht üppige Linden. - Einst sollte hier der Henker an einem Manne den Spruch des Gesetzes vollziehen, der aber im Glauben an eine höhere rettende Gewalt seine Unschuld immer noch beteuerte. Zahlreiche Neugierige hatten sich zu dem traurigen Schauspiele eingefunden. Sie alle beschwor der Todeskandidat noch in letzter Minute, nach dem wahren Täter zu suchen. «Zum Zeugnis meiner Unschuld», sprach er, «soll diese achte Linde nie mehr grünen, sondern verdorren!» Schon nach kurzer Zeit blieb in der einen Linde, die nach Südwesten zu stand, der Saft aus; und es ward so die Unschuld des Hingerichteten offenbar. - Viel später bekannte sich ein Mann aus einem Nachbardorfe auf dem Sterbebette als den wahren Täter. An Stelle der achten Linde findet man aber noch heute nur niedriges Strauchwerk.

Anm.: Nach anderer Überlieferung sollen die Linden zur Erinnerung an den Friedensschluß im Siebenjährigen Kriege gepflanzt worden sein. Auch hat auf der Götzingerhöhe kein Hochgericht gestanden. So macht die Sage den Eindruck einer jüngeren romantischen Dichtung.

Quellen: