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Wie sich das Mätzel rächte

  Erich Rawolle in der "Heimat", 3. Jahrgang, Nr. 9

In Reinhardtsdorf wollte einmal eine Frau abends das Haus zuschließen. Da sieht sie im Vorgarten in einem Korbe eine schwarze Henne. Weil sie Mitleid hat, nimmt sie das Tier mit ins Haus. Aber ihrem Manne war die Sache nicht ganz geheuer. Wenn's noch bloß eine Henne gewesen wäre! Aber so war noch ein Korb dabei! Trotzdem gab ihm die Frau eine Handvoll Körner hin, aber die mochte es nicht. Dann brockte sie Semmeln in Milch. Die fraß es und gluckte bei jedem Bissen. Dabei leuchteten die Augen ganz feurig. Der Mann sagte: „Tu das Viech naus, das is der Teufel.“ Aber die Frau hatte Mitleid und setzt es unter den Ofen. - Dann gingen sie schlafen und alles blieb ruhig. Als sie am Morgen auffstanden, war der ganze Tisch voller Goldstücke. Nun wußte der Mann, wen er im Hause hatte. Er packte das Geld und warf es zum Fenster hinaus, Henne und Korb hinterher. - Den Tag wollte die Frau in den Wald, Farnkraut holen. Sie sagte zu ihrem Manne: „Komm mit, mir is so unheimlich.“ Der ging auch mit. Als sie ziemlich an der Lichtung waren, sagte der Mann: „So, nun siehst du's ja schon. Nun geht ich wieder.“ - Kaum war er weg, als ein großer, schwarzer Rabe aus der Luft herabkam und die Frau so zerhackte und zerkratzte, daß sie kaum nach Hause kam. Am nächsten Tag ist sie gestorben. - Der große Rabe aber war niemand anders als das Mätzel1), das sie nicht hatten behalten wollen.

Quellen:


1)
Der Mätzelglaube· Es zeigt sich nach diesem Aberglauben der Böse in Gestalt eines meist schwarzen Huhns, einer schwarzen Katze, Maus, Schlange oder Krähe und verschafft demjenigen, der ein solches Tier beherbergt und füttert, Reichtum. Noch heute soll es in Liebstadt und den umliegenden Dörfern Häuser geben, in denen das „Mätzel“ wohnt.