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Der Rotpelz in den Dürrkamnitzwänden

  M. 1, Nr. 22 
  nach Focke, Aus dem ältesten Geschichtsgebiete Deutsch-Böhmens. I. Bd. (1879), S. 428; 
  zum Teil nach mündlichen Mitteilungen von Schuldirektor Moritz Martin, Dresden

In Tetschen lebte zur Zeit der Leibeigenschaft ein Amtmann mit Namen Egermann, der die Untertanen aus Eigennutz sehr drückte. Weil er nun nach seinem Tode im Grabe keine Ruhe gefunden und in seiner Wohnung im „Hirschen“ zu Tetschen, mit einem roten Pelzmantel bekleidet, umgegangen ist, so haben sich die hinterlassenen Anverwandten um Abhilfe an die Leitmeritzer Kapuziner-Ordenspriester gewendet. Zwei der geistlichen Herren sind nun nach Tetschen gekommen, haben den Sarg mit dem ruhelosen Amtmann auf eine Elbprahme (Lastkahn) geladen, sind damit bis zu den Dürrkamnitzwänden, also bis an die Grenze der Herrschaft gefahren, haben ihn dort in eine Felsengruft hinabgesenkt und den Eingang mittels eines Eisengitters wohl verwahrt, welches noch alte Leute vor 50 (jetzt also 100) Jahren gesehen haben wollen. Seit jener Zeit aber hat man oft zur Mittagsstunde eine in einen roten Pelzmantel gekleidete geisterhafte Erscheinung dort umherwandeln sehen und sie den Rotpelz genannt. - Die Sage fügt noch hinzu, daß die Elbprahme bei der Herabfahrt bald versunken wäre und die Schiffer durch die Kapuziner zur Weiterfahrt hätten ermutigt werden müssen.

Nach einer anderen Erzählung hätten die Kapuziner den unruhigen, spukhaften Geist des bösen Amtmanns in eine Flasche gebannt. Als sie jedoch mit der Flasche aus dem Hause traten, um sie nach der Dürren Kamnitz zu schaffen, habe der Amtmann oben zum Fenster herausgeschaut.

Anm.: Vgl. „Dürrkamnitzmühle“ von Moritz Martin in Jahrbuch des Gebirgsvereins für die Sächs.-Böhm. Schweiz II (1885), S. 37 ff.

Quellen: