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Die schlafende Röcknerin

  Mündlich um 1900. 
  M. II, Nr. 2

In Lichtenhain waren um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die Rockenstuben (Anm.: Rockenstuben = Spinnstuben) noch sehr fleißig besucht. Damals lebte im Dorfe ein junges Mädchen, das immer vor den anderen in dem betreffenden Hause sich einfand und dann für eine kurze Zeit in einen tiefen Schlummer verfiel, als ob es „mausetot“ wäre. Sie verbot es aber allen aufs strengste, sie zu wecken. Nun war im selben Orte ein übermütiger junger Bursche; der wagte es eines Abends, als sie wieder, auf den Tisch gestützt, schlief, sie ziemlich derb anzustoßen. Wie erschraken alle Anwesenden, als statt ihrer Freundin die leeren Kleider in die Stube fielen! Da plötzlich klopfte es ängstlich ans Fenster, und draußen stand das bewußte Mädchen nackend und frierend und bat flehentlich um seine Kleidung. Es war nämlich in diesem Zustande durch das Bansenloch auf die Tenne herabgestürzt.

Quellen: