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Der Schatz am Niederhofe zu Neukirch

  Dr. Pilk, Neukirch am Hohwalde S. 85.)

Bei der halbverfallenen, von schwarzem Hollunder umwucherten Mauer des Niederhofes soll ein Schatz vergraben liegen, dessen Gold zu gewisser Zeit mit trügerisch blendendem Scheine spielt. Als das alte von Friedr. v. Burckersrode erbaute Herrenhaus, das von den späteren Gutsherrschaften nicht mehr bewohnt wurde, noch stand, mußte eine Magd in einer Kammer desselben ihre Schlafstätte nehmen. Dort find ihr in drei aufeinander folgenden Nächten drei grüne Männer erschienen und haben sie unendlich gebeten, mit ihnen zu gehen, um den Schatz zu heben. Wenn sie dies nicht thun wollte, wären sie gezwungen, denselben weitere hundert Jahre zu bewachen, und dürften erst dann wieder eine unschuldige Menschenseele um Erlösung wie diesmal anflehen. Am dritten Tage befragte die Magd den Geistlichen um Rat. Dieser befahl ihr, bei wiederholtem Besuch der Schattengebilde die bekannten Worte zu sprechen: „Alle guten Geister loben Gott, den Herrn!„ Als in derselben Nacht die Gestalten zum dritten Male sich bittend nahten, redete sie das Mädchen mit jenem Spruche an. Doch in ruhiger Gelassenheit antworteten alle drei sich verneigend: „Wir auch!“ Die weibliche Furchtsamkeit vermochte sich jedoch nicht zu überwinden, und so sind die Männer mit traurigem Antlitz geschieden; der Schatz aber liegt noch heute an jener unheimlichen Stelle. Viele wollen das Glitzern des Goldes schon gesehen haben, wenn es in dunkler Nacht einem umgekehrten Roßschweife gleich emporsprüht und dann wieder versinkt.

Quelle: Sagenbuch der Sächsischen Schweiz; Herausgegeben von Alfred Meiche, Leipzig 1894, Verlag von Bernhard Franke