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Das Holzweibel belohnt eine hilfreiche Magd

  Cl. König, N. Lauf. Mag. 1886. G. 65.

In Berthelsdorf wohnte eine Frau, die einst, als sie von Neukirch nach Hause ging, in ihrer Jugend einem Holzweiblein begegnet war. Das Mütterlein bat: „Kämme mich!„ Und die Magd kämmte und flocht ihm das Haar. Dann sprach es: „Hilf mir etwas Holz lesen!“ Willig ging die Magd darauf ein. Als die Hocke groß genug war, nahm sie dieselbe auf den Rücken und trug sie bis an den Kreuzweg, wo das Holzweiblein den Reisigbund nahm und nach dem Berge hinging. Zuvor aber sprach es: „Als Lohn für deine Dienste kann ich dir nichts weiter geben als die Blätter, die ich bis hierher von den Sträuchern abgestreift habe. Nimm sie als Futter für deine Ziege!„ Dabei schüttelte das Mütterchen der Magd das Laub in die Schürze. Schnell lief die Magd davon, um noch zum Füttern zurecht zu kommen. Da die Blätter sie im Laufe hinderten, so schüttete sie dieselben weg und lief eilends nach Hause. Als sie das Schürzenband löste, fiel etwas hellklingend auf die Dielen; sie hob es auf; es war das einzige Blatt, das daran hängen geblieben; es hatte sich in Gold verwandelt. Kaum war abgefüttert, so lief die Magd nach dem Walde zurück, um das weggeworfene Laub zu holen. Sie war so glücklich, dasselbe zu finden; mit Freuden trug sie es nach Hause, und ihre Hoffnung, nun recht reich zu werden, ging nicht in Erfüllung; denn die Blätter blieben wertloses Laub.

Quelle: Sagenbuch der Sächsischen Schweiz; Herausgegeben von Alfred Meiche, Leipzig 1894, Verlag von Bernhard Franke