<<< vorherige Sage | Dritte Abtheilung: Ortssagen | nächste Sage >>>

Die Bierpfütze bei Ostritz

  Annal. Gorl. Hassii et Sculteti. Manl. ap. Hofmann L. I. 411. 1. 2. 22. 
  Großer I. 156. 
  Käuffer III. 21. 
  Carpzov, annal. Zitt. II. 200. IV. 159.

Zwischen Ostritz und Hirschfelde am sogenannten Läusehübel ist eine Stelle, die heißt bis auf den heutigen Tag die Bierpfütze. Das kommt daher, daß einstmals daselbst die Görlitzer den Zittauern eine ganze Ladung Bierfässer weggenommen und in Stücke geschmissen haben, weil sie nicht dulden wollten, daß die Zittauer ihr Bier auf Görlitzisches Gebiet brächten und da verkauften, denn es war ein altes Recht der Görlitzer, daß im ganzen Umkreis der Stadt kein fremdes Bier gezapft werden durfte. Aus diesem Ereignis hat sich nachmals eine lange Fehde zwischen den beiden Städten, genannt der Bierstreit, entsponnen.

In dieser Fehde erwarben die Zittauer den Spottnamen Kuhtreiber, weil sie den Görlitzern das Vieh weggetrieben. Solches geschah im Jahre 1491.

  • Die Budissiner hießen Träbersäcke, weil sie viel gutes Bier, die sogenannte Klotzmilch brauten und tranken.
  • Die Görlitzer: Wendehüte, weil sie wendische, d. i. starrköpfige Menschen waren (oder unzuverlässige).
  • Die Laubaner: Zwiebelfresser, weil sie viel Gemüse, besonders Zwiebeln bauten.
  • Die Camenzer: Riecher oder Schnüffler, weil sie gelegentlich sehr pfiffig gewesen waren. Von einem solchen sagt man daher, er hat eine Camenzer Nase. (Vergl. No. 157.)
  • Die Löbauer: Krautmaler, weil sie, im dreißigjährigen Kriege ganz heruntergekommen, den Schweden, welche wenigstens Kraut wollten, die Antwort gaben: malt euch welches!

Anmerkungen:

1. Der Bierstreit ist verewigt in mehreren Volksliedern, die in dem von Haupt und Köhler herausgegebenen Bande der Scriptores rer. Lus. abgedruckt sind. Funde's handschrifti. Chronii von Görlitz theilt sie mit mancherlei Variationen mit. In dem Sächsischen Hofe am Markte zu Zittau befindet oder befand sich ein Reliefbild, welches den Kuhraub darstellt.

2. Der Läusehübel wird immer von den Chronisten erwähnt, wenn von der Bierpfütze die Rede ist, ohne daß dieselben wissen, warum. Läusehübel heißt aber nichts anderes als Pfützenhübel, von Luza Pfütze.

3. Ein anderes Spottlied auf die Sechsstädte aus dem Ende des 15. Jahrhunderts lautet:

Die Görlitzer kennen wir wol mit jren rothen Hütten:
Wenn sie wider die Feinde ziehn man heißt sie Wendehütte.
Die Sittischen kennen wir wol mit jren grawen Hütten:
Wenn sie wider die Feinde ziehn, tragen sie ein frisch Gemütte.
Die Baudisser kennen wir wol mit jren bösen Biere:
Weun sie wider die Feinde ziehn, so haben sie sein gut Geziere.
Die Laubener kennen wir wol mit jren schwarzen Bärthen:
Wenn sie wider die Feinde zichn, wie gern se wieder fehrten.
Die Camitzer kennen wir wol mit jen rothen Stiefeln:
Wenn ste wider die Feinde zichni, so wollen sie sich mit in fiffeln.
Die Lobischen kennen wir wol, se liegen vor der Heiden:
Wenn sie wider die Feinde ziehn, wollen sie sich mit in scheiden.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862