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Wie die Königin Amalberga ihres Gemahls Tisch nur halb deckte

Amalberga sah mit großer Mißgunst auf die Länder, welche die beiden Brüder Irminfrieds beherrschten, und hätte gern gehabt, daß Alles zu dessen Reich gehöre. Sie lag ihrem Gemahl viel und oft an mit listigen Reden, sich seiner Brüder zu entledigen, damit ihre Lande an ihn fielen, doch widerstand er ihr eine Zeitlang. So deckte sie einst seinen Tisch nur zur Hälfte, und da er um die Ursach fragte, war ihre Antwort: Wer nur ein halbes Reich sein nennt und beherrscht, dem ziemt, daß er sich auch mit einem halb gedeckten Tisch genügen lasse. Dieser Rede sann Irminfried tief und lange mit bösen Gedanken nach und beschloß, sich seiner Brüder zu entledigen. Zuerst gelang es ihm, sich Bertharichs zu bemächtigen; dieser verschwand aus dem Reiche der Lebendigen durch seines Bruders Hand. Nun wollte Irminfried auch seinen andern Bruder des Reichs, wie des Lebens, berauben, getraute sich aber nicht, dieß mit eigner Macht zu vollbringen, sandte daher zu Theoderich, bat ihn um Beistand und verhieß ihm dafür die Hälfte seines Reiches. Darauf rüstete jener ein großes Heer, zog in Thüringen ein, und Baderich wurde mit vereinter Macht überfallen. Dessen Streitkräfte waren zu gering, er unterlag und fand seinen Tod. Jetzt war nun Irminfried Alleinbeherrscher Thüringens, aber an sein Versprechen, das Reich mit Theoderich zu theilen, dachte er nicht, damit sein Weib ihm den Tisch nicht wieder halb decke. Das brachte großes Unheil über das ganze Land.

Quellen: