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Reinhardsbrunn wird verbrannt

Es war im Thüringerwald ein Uebelthäter und Wegelagerer, mit Namen Hesseburg, der auch dem Kloster Reinhardsbrunn öfters schadete und überhaupt durch seine Räubereien die ganze Umgegend beunruhigte. Als er in einer Nacht mit seiner Schaar abermals dem Kloster nahte, um Einbruch und. Raub zu verüben, stürzten alle Klosterknechte und die zahlreichen Laienbrüder, die Kunde von seinem Vorhaben bekommen haben mochten, bewaffnet heraus, schlugen die Räuber in die Flucht, setzten ihnen hart und lange nach und ergriffen endlich den Schnapphahn, den sie im Triumph nach dem Kloster führten. Am andern Lage wurde über ihn ein freies Gericht zu Friedrichrode gehalten und dem Räuber ohne langen Proceß das Haupt abgeschlagen.

Die ganze Gegend freute sich darüber, aber dem Kloster Reinhardsbrunn wurde die Tapferkeit seiner Insassen sehr übel vergolten, denn Ludwig von Hesseburg, der Bruder des Gerichteten, sammelte um sich ein Heer wilder Raubgesellen, zog vor Reinhardsbrunn, seinen Bruder zu rächen, und stieß das Kloster mit Feuer an, daß es fast ganz in Flammen aufging.

Damals lebte in dem Kloster Scheiplitz, das seine Gründung mit Reinhardsbrunn fast zugleich und aus denselben Beweggründen empfing, eine Nonne als Seherin, dieser ging, als sie im Gebet lag, das ganze Unglück des Klosters Reinhardsbrunn in einem wunderbaren Gesicht vor und ward ihr alles offenbart, genau wie sich's in dem Thuringerwalde an demselben Lage zutrug. Sie konnte nichts thun, als Gott inbrünstig bitten, das Kloster und die Personen darin zu schirmen und zu behüten; später erfuhr sie, daß alles eingetroffen sei, wie sie es im Geiste geschaut hatte.

Quellen: