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Von Ludwig des Bärtigen Geschlecht

Ludwig, der Bärtige genannt, nachdem er mit seiner jungen, tugendlichen und reichen Gemahlin Hochzeit gehalten und sie heimgeführt auf sein neues Schloß Schauenburg, erbaute in dem nahen Altenberga, wo der heilige Bonifacius die erste christliche Kapelle in dem Lande Thüringen gegründet hatte1), eine schöne Pfarrkirche; und als ihm der erste Sohn geboren wurde, schrieb er einen Brief an Bardo, den Erzbischof zu Mainz und bat diesen mit großem Fleiß, daß er zu ihm auf seine Burg kommen möge. Das that der Bischof, kam, weihete die neue Kirche in die Ehre St. Johannes ein und taufte auch zugleich in ihr den jungen Grafensohn, in Gegenwart des Herzogs von Braunschweig, der Grafen Günther von Schwarzburg, Heinrich von Mühlberg, Günther von Käfernburg, Bußo von Gleichen und vielen andern edlen Herren aus Thüringen, Hessen und Franken. Das Kind wurde auch Ludwig genannt und der Vater hielt voller Freude Kirchweihe und Kindtaufe mit einander mit großer Pracht und Herrlichkeit, die nicht beschrieben werden kann.

Dann bekam Graf Ludwig wenige Jahre hinter einander noch zwei Söhne und drei Töchter. Der erste Sohn erhielt nach seines Vaters Tode die Veste Schauenburg und was dazu gehörte, auch alles Land, was vor dem Walde gelegen war, an der Hörsel, bis dorthin, wo die Hörsel in die Werra fällt. Der zweite Sohn, genannt Beringer, empfing Sangerhausen und was dazu gehörte, starb aber wenige Jahre nach dem Vater und zwar an dessen Todestag, hinterließ aber einen Sohn Namens Konrad, welcher Hohenstein baute und der Ahnherr der Grafen von Hohenstein wurde. Der dritte Sohn des Grafen Ludwig mit dem Barte, hieß Heinrich; diesem gaben die Leute einen Zunamen, weil er so still und ruhig war, sie nannten ihn Heinrich Raspe. Er baute ein Schloß, das er nach seinem Zunamen Raspenberg nannte und darauf er wohnte. Die erste Tochter des Grafen Ludwig hieß Hildegart und wurde mit einem Grafen Poppo von Henneberg vermählt, die zweite hieß Jutta, nach andern Ute, die bekam einen Grafen von Leuterbeck, und die dritte Adelheid, blieb im jungfräulichen Stand.

Es begab sich aber im Jahre eintausend und sechsundfünfzig, daß Kaiser Heinrich starb und zu Speier begraben ward. Zu diesem Begräbniß kam der Papst Victor mit seinen Kardinälen und Bischöfen, und alle deutsche Fürsten und die meisten Grafen. Diese letztern kamen nicht allein des kaiserlichen Begräbnisses wegen, sondern aus Gehorsam und Ehrerbietung gegen den Papst, auch wegen der Kur eines neuen Kaisers. Auch Graf Ludwig mit dem Bart war gen Speier gefahren, als er aber wieder auf dem Heimritt begriffen war, überfiel ihn zu Mainz eine große Krankheit, von der ihn die Aerzte nicht zu erledigen vermochten, vielmehr riethen sie ihm, sein Seelenheil zu bedenken. Darauf beichtete er, bereute seine Sünden, empfing mit großer Innigkeit die heiligen Sakramente und erkor zu seinem Begräbnißort selbst die Kirche St. Alban, die damals auf dem Berge vor Mainz lag. Dann starb er und wurde dort mit großen Ehren begraben in Gegenwart des Mainzer Bischofs und vieler andern, auch vieler Fürsten, Grafen und Herren, die mit ihm auf der Reise waren. Er hatte dreißig Jahre im Lande Thüringen gewohnt und ihm ehrbar und wacker vorgestanden. Am Nicolaithor zu Eisenach steht aus uralter Zeit sein steinern Bild mit einem langen Bart.

Quellen:


1)
Siehe den Sagenkreis von Ordruff etc.