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Von dem Landgrafenloch

Wenn man durch das Marienthal bei Eisenach der Straße entlang und hinauf wandelt, die schon seit langen Zeiten der gehauene Stein heißt, darum daß Felsen gehauen und gesprengt werden mußten, um hier sichern Weg zu bahnen, so führt ein schmaler Pfad zur linken am Anfang des gehauenen Steins durch einen engen Gang in eine geräumige und melancholischdüstre Felsengrotte, in deren Mitte hohe Bäume emporgewachsen sind, deren Blätterdach dem Tageslicht den Eingang wehrt. Im Hintergrunde rauscht ein Bächlein von dem moosüberwachsenen Gestein und seine sprühenden Tropfen mehren die Kühle in dem schaurigen Felsengrund.

Es war vier Wochen danach, als die Eisenacher Bürger die Burg Klemme zerbrochen und die Thürme des Frauenstifts eingerissen hatten, daß Frau Adelheid, welche wohl der langen Fehden zwischen ihrem Gatten und ihren Stiefsöhnen, deren einer nun zumahl auch ihr Schwiegersohn war, herzlich müde sein mochte, ihrem Eidam, den sie sehr lieb hatte, eine heimliche Botschaft zusandte, darin sie ihm Mittel und Wege angab, wie er auf die Wartburg und überhaupt wieder zu dem Lande kommen könne, auch Eisenach von dort aus einnehmen. Da kam Friedrich der Freudige heimlich heran mit nur fünfzehn tapfern Gefährten und verbarg sich mit ihnen einen Tag lang in jener Grotte, die nun nach ihm auf alle Zeiten das Landgrafenloch heißt, und wie es Nacht geworden war, traten sie hervor, erstiegen leichtlich die Höhen gegenüber, gingen den schmalen Pfad unter der zerstörten Sophienburg, insgemein Viehburg geheißen, und klommen am Wartberg in die Höhe. Da ward ihnen geholfen, daß sie hinten die Mauer der Burg sonder Mühe erstiegen. Ohne Schwertschlag fing der Markgraf seinen Vater und unterhandelte so mit ihm, daß er die Wartburg am andern Tag räumen mußte. Albrecht der Unartige zog pach Erfurt und begabte die Stadt mit vielen umliegenden Dörfern, dafür gaben ihm die Erfurter freie Pfründe für zwölf Personen, so lang er lebte. Friedrich aber behauptete die Wartburg, ließ seine Gemahlin zu sich kommen und auch seine Schwiegermutter blieb gern bei ihm und ihrer Tochter.

Wie die Eisenacher vernommen hatten, daß die Wartburg verloren war und der Landgraf Albrecht sie geräumt hatte, erschraken sie sehr, beschickten den Kaiser mit Eilboten und umzogen mit des Königs Vögten gemeinschaftlich die Veste, wollten niemand hinein und niemand heraus lassen, hieben auch den Hain nieder und wollten nichts von dem jungen Landgrafen wissen, der die Wartburg jedoch schnell in den besten Vertheidigungsstand sehen ließ.

Quellen: