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Von Friedrich, dem Gebissenen

Als die beiden Söhne Albrechts, den die Geschichtsscheiber den Unartigen nennen, zu ihren Jahren kamen, daß Friedrich sechzehn, Diezmann aber vierzehn und ein halbes Jahr alt war, kamen sie zu streiten mit ihrem Vater, um des Unrechts willen, das er an ihrer Mutter gethan, die des Nachts sich mit Seilen von der Wartburg lassen mußte und um seiner Buhlerin Kunigunde von Eisenberg aus dem Lande fliehen, während er jene stattlich bei sich hielt, gleich einer Landesherrin, mit Jungfrauen und Dienern. Viele Grafen und Ritter hielten zu den jungen Herren, andre aber, so die Grafen von Käfernburg, Mühlberg, Gleichen und andre zu dem Grafen Albrecht. In diesem Streit nahmen die jungen Herren den besten und vertrauten Rath des Landgrafen, einen Bischof des Teutschherrenordens zusammt seinem Gesinde und seinen Wappnern gefangen und führten sie auf das Schloß der beiden Junker von Schlotheim, die zu Friedrich und Diezmann hielten. Nun hätte Albrecht gern auch einen seiner Söhne in seine Gewalt bekommen, wo nicht beide, stellte das an mit dem Grafen von Käfernburg und in einem Streiten bei Weimar wurde der junge Landgraf Friedrich gefangen, auf das Schloß Wartburg gebracht und in einen tiefen Thurm geworfen. Sein Vater war keines andern Sinnes, als ihn darin verhungern zu lassen, aber es fanden sich treue Hände, die ihn mit Nahrung versorgten; ein ganzes Jahr lang lag Friedrich der Gebissene im Kerkerthurm und grub ein Kruzifix mit seinen Nägeln ins harte Gestein. Endlich wurde es angestellt, daß etliche seiner Freunde heimlich auf das Schloß kamen, die befreiten ihn und führten ihn mit sich hinweg. Im Jahre darauf starb der Oheim Friedrichs und Diezmanns, Markgraf Dietrich, und sein Sohn, auch Friedrich genannt, überlebte ihn nicht lange; dieser ließ noch bei seinem Leben das Osterland seinen beiden Vettern, mit denen er auferzogen war, huldigen. Das wurmte nun gar sehr den Landgrafen Albrecht, daß seine Söhne das Land besaßen, welches sonst ihm von seinem Bruder zugestorben wäre. Noch ein Jahr später starb der alte Markgraf von Meißen, Heinrich der Erlauchte, Albrechts Vater, und keck und schnell nahm Friedrich auch dessen Land in Besitz, da ihm sein Bruder und die Edeln des Osterlandes, auch viele Thüringer Herren, die ihm günstig worden, beistanden, darüber wurde des Vaters Haß gegen seine Söhne noch größer, als er früher war.

Mehrere Jahre währte der Krieg, als der römische König Rudolph in das Land kam, der sandte nach Albrechts Söhnen und versöhnte sie mit dem Vater, daß keine Parthei der andern mehr schaden sollte. Friedrich sollte Meißen und Diezmann das Osterland behalten, und sollten gegen ihren Vater unterthänig sein, wie es frommen Kindern ziemt, wo sie nur könnten. Da sprach Friedrich der Gebissene: Das alles könnte ich wohl thun, gedächte ich nicht an den Biß, den mir meine betrübte Mutter in diesen Backen biß, da sie zuletzt von mir schied und davon ich noch die Narbe trage; das kann und will ich nie vergessen. Und daher half auch der Friede nicht viel, den der König stiftete, denn auch Landgraf Albrecht mochte seinen Kindern weder Gunst noch Treue halten, vielmehr hätte er sie gern um Land und Leute gebracht und alles dem Sohne Apitz, den er von Kunigunde von Eisenberg hatte, obwohl seine eheliche Gemahlin Margarethe noch lebte, zugewandt, was weder die rechtmäßigen Söhne leiden wollten, noch wollten die Edeln und die Städte jenem Folge leisten und ihn für ihren Herrn halten. Endlich ließ Albrecht durch den König Rudolph den Sohn seiner Kebsin für ehelich erklären, der gab ihm an seinen Schild den bunten thüringischen Löwen mit einem Helm über das Haupt gestürzt, zu einem Unterschied der unehelichen Geburt. Albrecht aber verkaufte oder versetzte ein Schloß nach dem andern, wandte das Geld der Kunigunde und ihrem Sohne zu, räumte diesem das Schloß Tenneberg ein und verkaufte sogar, da Kaiser Rudolph mit Tode abgegangen, dem neuen Kaiser Adolph von Nassau, dem es sehr an Land gebrach, seine Macht zu behaupten, das ganze Land Thüringen für zwölftausend Mark Silbers. Das that er alles gegen den Willen seiner ältern Söhne, denen er über alle Maßen gram war; zuvor schon hatte er das Land den benachbarten Fürsten zum Kauf angeboten, aber keiner mochte es annehmen, weil sie sich nicht getrauten, es gegen die rechtmäßigen Erben behaupten und behalten zu können. Auch jenem Kauf widersprachen die Markgrafen Friedrich und Diezmann, und die meisten der Grafen und Ritter sprachen, sie wollten niemandem hulden und zuschwören, so lange sie noch lebende Erbherren hätten, desgleichen auch die Städte, daher sich wieder neuer und verderblicher Krieg erhob. Der Kaiser zog mit Heeresmacht heran, in dem Rheingau und seinen eignen Erblanden gesammelt, verdarb Land und Leute, sein Volk beraubte Kirchen und Klöster, schändete Jungfrauen und trieb gottlosen Unfug. Viele feste Schlösser und Städte in Thüringen gewann und zerbrach Kaiser Adolph. Er wollte alles erobern, nur Wartburg sollte der Landgraf behalten bis zu seinem Tode, dann sollte es dem Kaiser auch zufallen.

Tapfer und ritterlich wehrten sich die jungen Markgrafen gegen des Kaisers Uebermacht und schlugen öfter seine Mannen in die Flucht; Friedrich der Gebissene war immer voran und bewieß in allen Heerritten und Kämpfen solchen Muth, daß man ihn hernachmals noch öfter den Freudigen, als den Gebissenen nannte.

Quellen: