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Landgraf Ludwig fährt über Meer

In diesen Zeiten war unter andern Bischöfen, Aebten und Priestern, die auf des Papstes Willen und Geheiß (so weit war also damals die heilige Christenheit,) predigten, daß man über Meer mit dem Kaiser ziehen sollte und Jerusalem gewinnen, auch der höfische und wohlgelahrte Pfaff, Meister Konrad von Marburg, der mit seiner Predigt und Lehre in deutschen Landen als der Morgenstern vor anderen Pfaffen leuchtete. Ihm folgten Pfaffen und Laien; er war ein Späher nach Ketzern, ein Beschirmer des Glaubens und ihn hatten Landgraf Ludwig und Elisabeth besonders lieb um seiner guten Lehre, seines Wandels und reinen Lebens willen, hielten ihn in großen Ehren, und der Landgraf würdigte ihn so sehr, daß er ihm alle seine Lehen mit verlieh, das wurde stets gehalten und waren darüber die Briefe mit des Landgrafen, wie mit seiner Brüder Heinrichs und Konrads Siegeln versehen, denn er, der Pfaff, hatte ihnen zugesagt, daß sie größere Sünde thäten, wenn sie einem unwürdigen und unverständigen Pfaffen eine Kirche oder einen Altar überließen, als wenn sie in einem Streit funfzig oder sechzig Menschen mit eigener Hand erschlügen. Diesem Meister Conrad war auch Elisabeth mit Wissen ihres Gemahls in allen guten, geistlichen und ziemlichen Dingen gehorsam; er war ihr Beichtiger, ihr Prediger, ihr Vorsteher in den Geboten und Gesetzen Gottes; sehr hing sie an ihm nach ihres Herrn Tode, er half ihr auch das Hospital zu Marburg bauen und pflegte sie bis an ihr Ende.

So war es um das Jahr eintausend zweihundert und siebenundzwanzig, daß eine gemeine Heerfahrt und Meerfahrt in der ganzen Christenheit begonnen ward; der Kaiser Friedrich und mit ihm viele Fürsten, Grafen und Herren ließen sich auf Geheiß des Papstes mit dem Kreuze bezeichnen. Und der Landgraf empfing es von dem Bischof Konrad von Hildesheim im Namen des Heilandes, hielt es aber eine Zeitlang den Augen Elisabeths verborgen, daß sie es nicht gewahr und dadurch betrübt werde. Als aber die Zeit heran kam, daß er es ihr nicht länger verhehlen konnte, tröstete er sie mit süßen Worten und stellte ihr vor, daß er das thäte in der Liebe zu unserm Herrn Jesus Christus und sie sollte ihn daran nicht hindern. Er besetzte sein Land mit redlichen Amtleuten, bestellte in den Städten weise Bürger zu Schultheißen, verordnete den Klöstern treue und gottesfürchtige Vormünder und befahl sich einem jeglichen Kloster besonders in sein Gebet. Dann zog er, begleitet von seiner Mutter, seiner Elisabeth und seinen Brüdern, über Reinhardsbrunn nach Schmalkalden, wo er von allen rührenden Abschied nahm. Viele edle Herren aus Thüringen und Hessenland zogen mit ihm; die Grafen Günther von Käfernburg, Burkart von Brandenburg, Meinhard von Mühlberg, Heinrich von Stollberg, Lutze von Wartberg, alle Ludwigs Vasallen, dann Herrmann von Heldrungen, Rudolph, der Schenk von Vargula, Heinrich, der Marschall von Ebersberg, Herrmann, der Truchses von Schlotheim, Friedrich von Treffurt, Hartung von Erfa, der Hofmeister, und Herr Heinrich von Banner, diese sieben Freiherren und Edle waren auch Ludwigs Mannen. So folgten ihm ferner der Graf Ernst von Gleichen, der ein gar wunderbares Abentheuer bestand in dem heiligen Lande1), einige Grafen von Schwarzburg und viele andre edle Ritter mit dem Troß ihrer Knappen und Knechte. Auch fünf fromme Priester folgten ihm, um in geistlichen Dingen mit Messelesen und Beichte hören ihm und den Seinen beizustehen. Fußknechte liefen wenige mit, da die Reise zu weit ging.

Quellen:


1)
Siehe den Sagenkreis: Die drei Gleichen.