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Von Landgraf Ludwigs Treue

Seiner lieben Gemahlin Elisabeth war der fromme Ludwig so treu wie Gold. Einstmals war zu Eisenach auf offenem Plan ein Tanz, und der Landgraf stand an seinem Fenster und sah zu. Da trat einer seiner Diener heran und sprach: Herr, seht Ihr dort das stattliche Weib, das da tanzt, und zeigte ihm eine stolze, wohlgeschmückte Frau: die wollte ich Euch wohl in Euren Arm schicken, wenn Ihr ihrer begehrt, die Euch zu Willen sein würde. Aber hierauf wurde der tugendhafte Fürst schnell erzürnt, sah den Diener voll Ernst an und erwiderte: Schweig, und wage nie wieder vor meinen Ohren solche Reden, so werth dir meine Gnade und Huld ist; bringe deine Worte bei denen an, die mit solcher Untugend umgehen, ich will den Meinen kein solches Beispiel geben, über die ich ja richten muß, wenn sie darüber verklagt werden.

So war es auch geschehen in demselben Jahr, eben da der Landgraf von einem Zug gen Apulien heimkehrte, wo er mit dem Kaiser gewesen war, daß er am Hofe eines Fürsten, seines besonderen Freundes, über Nacht herbergte, der ihn über die Maaßen wohl hielt, und ihm alle Liebe und Güte erwieß. Und des Abends nach köstlicher Tafel und anderer fürstlicher Lustbarkeit mit Tanz und Saitenspiel ließ ihm der Gastfreund ein herrliches Nachtlager bereiten und schaffte ihm auch eine junge und schöne Bettgenossin, die der Landgraf in seiner Kammer fand. Als er aber derselben ansichtig wurde, rief er den edlen Schenken Ritter Walter von Vargula und sprach heimlich zu ihm: Das Weibchen dort in meinem Bette, das schaffe fort und bringe es heimlich weg. Gieb ihr einer löthigen Mark Silbers an Geld, da mag sie sich einen neuen Rock kaufen, und sage ihr, daß sie dem, der mir sie zugeschickt, danke und von allem schweige. Ich sage Dir aber in vollem Ernst: wäre auch Ehebrechen keine Sünde gegen Gott und keine Schande vor den Leuten, so wollte ich es doch nicht thun, meiner lieben Elisabeth zu Liebe und sie damit nie betrüben oder in ihrem Gemüthe irre machen. – So ward ohne Aufsehen die Bettgenossin von dannen gebracht und mit Dank erfüllt gegen den guten, milden Fürsten.

Gleiche Tugend zeigte der Landgraf auch gegen einen Ritter, dessen Schloß vor dem Walde lag, der etwas schwächlichen und gebrechlichen Leibes war und keinen Erben hatte, den er doch gar gern gehabt hätte. Er bewegte sein Weib mit Mühe, sich dem Landgrafen zu vertrauen, der ihre Ehre bewahren würde, ritt zum Fürsten und stellte diesem seinen ungewöhnlichen Antrag. Dieser verhieß ihm Hülfe, versprach ihn zu besuchen und berief sogleich seine Aerzte, von denen er ein kräftigendes Medicament begehrte. Als er solches in Gestalt einer Latwerge empfangen, stellte er ein Jagen an und sonderte sich darauf von den Seinen, daß keiner wußte, wo er hingekommen; kam zum Ritter auf dessen Schloß, ward wohl empfangen und trefflich bewirthet, gab dem Ritter aus seiner Kraftbüchse und lachte herzlich, als jener verlegen bat, er möge nicht begehren, zu thun, um was er, der Ritter gebeten. Der keusche Fürst sprach: Ich bin nicht um Deines Weibes willen hierher gekommen, sondern Dich von Deiner Schwäche zu erlösen und Deine Ehre unbefleckt zu erhalten. Und zog wieder fröhlich von dannen.

Quellen: