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Landgraf Herrmann sendet Boten nach Ungarn und wirbt für seinen Sohn um des Königs Tochter

Landgraf Herrmann gedachte fort und fort der Prophezeihung Meister Klinsors, und nach mehr als drei Jahren ließ er Briefe schreiben an den König von Ungarland Andreas, darin er für seinen lieben Sohn Ludwig um des Königs inniges Töchterlein Elisabeth warb, und rüstete eine stattliche Gesandtschaft aus. Männer und Frauen, vornehmlich die edlen und wohlberedten Ritter Reinhard von Mühlberg, und Walter Schenk von Vargula, und Frau Bertha, die züchtige und tugendsame Wittwe des Ritters Egelolf von Bendeleben, mit drei edeln und schönen Jungfrauen und einem dienenden Weibe; viel anderer Herren, Diener und Knechte nicht zu gedenken. Es waren vier Wagen und dreißig bis vierzig Pferde. Große Ehre ward ihnen auf der Wegfahrt aller Orten erwiesen. So kamen sie nach Ungarn gen Preßburg, wo der König Hof hielt, und fanden ihn mit der Königin und dem Kind Elisabeth, und wurden herrlich empfangen. Sie thaten sich nicht wenig hervor mit Glanz und Prunk, und wurden mächtig angestaunt, als sie nun am andern Tage ihre Botschaft brachten und ihre Werbung thaten, wie ihnen befohlen war. Der König lächelte und sprach, er wolle sich mit den Seinen berathen und ihnen dann gütliche Antwort geben. Er sandte auch nach allen seinen Räthen, und vornehmlich nach dem Meister Klinsor. Dieser sprach viel zum Lob des Landgrafen, rühmte die Menge seiner Edeln und die Fruchtbarkeit des Landes; sprechend: Es trägt Waizen und Wein, bringt Stahl, Eisen, Kupfer und Salz, ist reich an Fischen und Wild, hat große Wälder und Teiche, gute Dörfer, volkreiche Städte, zwölf Grafschaften, viele freie Herren, Vasallen des Landgrafen, ohne die andern Ritter und großen Geschlechter. Das Land ist in der Mitte eben, aber umgeben von Bergen und Wäldern, hat der festen Burgen viele. Der Fürst selbst ist menschlich, schön und weise, und sein Sohn ist an Allem, was man an jemand in kurzer Zeit gewahren kann, wie ich gewahrte, preißenswerth; darum ist mein Rath, ihm Elisabeth zu vertrauen.

Auf diesen Rath und diese Rede Klinsors achtete der König wohl, und gab den ehrbaren Gesandten günstigen Bescheid. Es ward nun gleich ein großes Fest zugerichtet, schöne Frauen und stolze Ritter kamen zu Hof und dauerte die Lust drei Tage lang, bis die Boten zur Heimkehr sich zu schicken begehrten. Viel reiche Gabe wurde von dem König und der Königin ihnen dargereicht, an Gold und Silber und Gewanden, an Schmuck und Waffen. Der jungen Prinzessin, welche damals erst vier Jahre alt war, wurde ein großer Schatz mitgegeben als Geschenk an ihren künftigen Schwiegervater, goldne und silberne Becher, Kreuze und Kronen, dem Kinde selbst eine silberne Badewanne und eine silberne Wiege, seidne Betten und sammtne Decken; auch bat der König die Gesandten, sie möchten selbst den Brautschatz bestimmen, den er nach der Hochzeit seiner Tochter senden wolle. Nie zuvor ward in Thüringen Herrlicheres gesehen, wie dieser Zug. Mit vier Wagen waren die Boten herausgefahren und mit dreizehn fuhren sie wieder herein ins Land. Jeder Knecht führte neben seinem Roß noch einen Hengst mit köstlichem Gezeug, und keiner war, der nicht ein neues schönes Gewand erhalten hätte. Neun Rosse zogen den Wagen, welcher die Kleider und das Geräthe der kleinen Königstochter trug.

Spät kamen sie nach Eisenach und kehrten ein im Hellgrafen-Hof, der besten Herberge jener Zeit, wo ihnen allen der Wirth gütlich that; der Landgraf und die Landgräfin Sophia prießen Gott und begaben sich selbst herab in die Stadt, die lieben Gäste und ihre Boten zu empfangen, und die Landgräfin blieb mit ihren Frauen über Nacht bei dem Kinde, das bei seiner Amme schlief, der Landgraf aber ritt wieder hinauf zur Wartburg, und am andern Morgen früh zog Alles hinauf, auch wurden die Edelsten und Besten der Stadt Eisenach auf das Schloß geladen, das Kind zu sehen. Da wurde im Scherz Hochzeit gehalten, und mancherlei Kurzweil getrieben; die Boten konnten nicht genug erzählen, wie wohl sie aufgenommen worden, und was der König und die Königin von Ungarn sich Alles noch zu thun verheißen, wenn die Kinder zu ihren Jahren kämen, denn Elisabeth war damals, wie schon gesagt, erst vier, Ludwig aber elf Jahre alt. Und das Kind Elisabeth wurde nun auf der Wartburg sittiglich und tugendsam erzogen, gleichsam wie eine Schwester des Landgrafensohnes.

Quellen: