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Urling's Schild

  Sch.

Im gebirgigen Eifellande lebte einst in seinem Schlosse, das auf hohem und weitschauendem Berge lag, Urling (Ulerich), Graf von Nürburg. Er war ein Herr von Güte und Milde, und liebevoll gegen Jeden, der ihm unterthan war.

Als nun Urling sterben sollte, befiel sein Volk eine große Trauer; Trost konnte demselben nur gewähren die Bürgschaft über seines Herrn und Gebieters glückliches Loos in jener Welt. D'rum sprachen zum Grafen seine Freunde, die der tiefste Schmerz um sein Sterbebett geschaart hatte: „Gib uns nach deinem Tode ein Zeichen, ob du die Seligkeit erlangt!“

Urling entgegnete: „Wenn ich geschieden bin, so nehmet meinen Schild, den ich so oft ergriff zur Wehr gegen Die, so Unrecht übten; hängt ihn an einer Eiche Ast, und sofern er in dreier Tage Frist, nachdem ich geschieden bin, unberührt von eines Menschen Hand und sonder eines Menschen Zuthun, fällt, so sei euch dieses ein Zeichen, daß mich Gott der ewigen Seligkeit gewürdiget hat. Hängt jedoch der Schild nach dreien Tagen noch an seiner Stelle; so wisset, daß ich bin verdammt.“

Der edle Herr verstummt hierauf, sein Auge bricht; er ist verschieden. Sogleich nimmt man den Schild und hängt erwartungsvoll ihn an einem Baume auf. Zwei Tage bleibt er unbewegt an seiner Stelle; doch wie der dritte Tag nur graut, stürzt er unberührt und wundervoll mit hellem Tone auf die Erde nieder, und weithin widerhallt der Burgbewohner Freudejubel.

Quelle: J.H.Schmitz, Sagen des Eifellandes, 1. Band, Trier 1847