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Der Raubritter am Laachersee

Vom Laachersee nicht fern, da lag eines Ritters Schloß,
Der lebte nur vom Raube, wie seiner Diener Troß;
In seinem Busen fand sich kein menschliches Gefühl,
Er trieb mit allem Edlen sein frevelvolles Spiel.
Er warf auf Gutes, Schönes nur der Verachtung Hohn,
Und schimpft auf Kirch und Diener und auf Religion,
Hätt' Kirchen all' und Klöster beraubet und verheert,
Konnt er nur all' erreichen mit Wuth und Flamm und Schwert.

Er war der Gegend Schrecken so manches lange Jahr,
Denn keine Mahnung frommte bei ihm und seiner Schaar;
Und kam ein Mönch, zu predigen vor ihm von Gottes Heil,
Dem ward im Burgverließe ein grausiger Tod zu Theil.
D'rauf that der heil'ge Vater den Frevler in den Bann,
Die Strafe wird bekehren den Bösen, dacht. Jedermann;
Doch lachte dieser teuflisch, nicht achtend Bann und Fluch,
Begann, wie sonst, von Neuem mit Raublust seinen Zug.

Wenn unter Blumendüften die unschuldvolle Maid
Fromm betend durch die Auen noch wallte zur Abendzeit,
Dann schwang er sich aufs Roß, voll Begierde nach Raub,
Und war für alles Sträuben und Flehen der Unschuld taub.
Die Heerde auf dem Anger war sicher nicht vor ihm,
Das Kind nicht bei der Mutter vor seinem Ungestüm,
Der Mönch nicht am Altare, die Nonn' nicht in der Zell',
Die Hostie nicht sicher im güldenen Gestell.

Da ließ er einst verkünden, er athme krank und schwach,
Und wünsche sammt den Brüdern den Abt des Klosters Laach,
Damit sie seine Seele, die bald die Erde ließ,
Durch Gnadenmittel brächten in's ew'ge Paradies.
Deß freuten sich die Brüder; denn was beut größ're Lust,
Als wenn zum Rechten kehret sich des Verbrechers Brust.
Was freuet mehr den Hirten, als ein verloren Lamm
Aufs Neue zu vereinigen mit seiner Heerde Stamm!

Gleich mit dem Schlitten kommen die Brüder über's Eis,
Dem Lechzenden zu reichen des Himmels Gnadenspeis';
Da schau'n sie einen Diener, der rennet auf sie zu,
Dem der Besorgniß Drängen nicht gönnet Rast noch Ruh'.
„O fliehet, wenn das Leben in etwa lieb euch ist!
Des Ritters Reu‘ und Sehnen ist nichts als Trug und List.
Er will in seinem Grimm euch morden allzumal,
Schon wetzet er da drinnen mit eig'ner Hand den Stahl.

„Ja glaubet mir's! doch nehmet den Warner freundlich mit,
Der wäre ohne Gnade sonst seines Lebens quitt.“
Rasch eilten sie zum Schlitten, den Mönchen ward es schwül,
Natürlich war's, daß ihnen die Rede schlecht gefiel.
Doch kaum gewahrt der Ritter im Schlosse den Betrug,
Sprengt er zu Roß hinunter, gar pfeilschnell ist sein Flug;
Viel Spießgesellen folgen mit wildentglühtem Sinn
Dem rachedurst'gen Herrn zum Ufer des See's hin.

Den Abt will er vernichten mit einem gewaltgen Hieb,
Und alle Gottesdiener, daß keiner übrig blieb;
Die fahren emsig weiter. – Es war im Februar,
Wo nicht des Wassers Decke besonders fest mehr war.
Und dachten, daß der Ritter verlasse seinen Plan,
Den Fliehenden nachzusetzen auf so unsich’rer Bahn,
Wo schier bei jedem Sprunge der Rosse droht ein Grab;
So dachte nicht der Wüthrich, auch nicht so dacht sein Knapp'.

Gedrängt von den Verfolgern entfleucht der Schlitten schnell,
Doch sind die frommen Brüder noch nicht an Ort und Stell';
Da schwingt sein Schwert der Ritter, dicht über des Abtes Haupt,
Der, seinem Gott ergeben, sich schier getroffen glaubt.
Solch' Schwert, von blankem Eisen, so lang, so breit und schwer,
Das aufzuheben zweien von heut kaum möglich wär',
Von einer Faust geführt, es drohte Allen Tod,
Und zu dem Herrn schauen die Brüder in der Noth.

Hinauf! da thronet der Wille! Ein kindliches Vertrau'n
Kann auf der Bitt' Erhörung beim Vater der Gnade bau'n.
„Und wenn die Noth am größten,“ die stürmend uns umgibt,
Ist Gott, der Herr, am nächsten,“ der, die ihm dienen, liebt.
Der Schlitten gleitet weiter, schon hat er's Land gefaßt,
Da bricht die Silbereb'ne, sie trägt nicht Hufelast,
Versunken sind die Reiter, bevor ihr Schwert noch schlug,
Und aus der Tiefe heulet des sterbenden Ritters Fluch.

Quelle: J.H.Schmitz, Sagen des Eifellandes, 1. Band, Trier 1847