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Der Kartstein bei Eiserfey in der Eifel

  Anthos und Oskar

Schau' dort den Felsberg in des Thales Enge,
Wie schroff er hängt. Unendliches Gestein!
Es ragt empor in grausigem Gedränge
Klipp' über Klippe, zackigt, groß und klein.

Der graue Schutt ringsher auf weiter Strecke
Dient dem Kaninchen und dem Fuchs zur Hecke.
Am Abhang links, durch tiefe dunkle Spalte,
Dort öffnet sich des Felsen Herz zur Kluft,
Weit, weit hinein dehnt sich das ungestalte
Geklippe aus zur nächtlich schwarzen Gruft.

Nie drang der Sonne Blick in diese Höhle,
Und Schauder faßt d'rin jede Menschenseele.
Da drinnen saßen einstmals vor viel Jahren
Am heil'gen Ostertag beim Kartenspiel
Der lockeren Gesellen drei. Sie waren
Voll Spieleslust und spielten hoch und viel.

Wohl hörten sie die Glock zur Vesper läuten,
Doch dieses mochte nichts für sie bedeuten.
Sie tauschten d'rob viel ungezog'ne Reden,
Und trieben frech mit Kirchengehen Spott.
„Wenn wir einst alt sind, gibt es Zeit zum Beten,“
So scherzten sie und dachten nicht an Gott.

Dabei entströmte ihrer argen Kehle
Auch Fluch auf Fluch, verhallend in der Höhle.
Da rasselt's leise an der Höhle Pforte;
Es schleicht herein ein unbekannter Mann.
„Viel Glück zum Spiel allhier am stillen Orte!“
Spricht er und sieht die Spieler grinsend an.

„Ist's mir vergönnt, ein Spielchen mitzumachen?
Ich trag im Sack viel Geld und theure Sachen.“
„Topp, Landsmann, topp, Ihr kommt uns wie gerufen,
Seid uns gegrüßt! und wenn Ihr spielen wollt,
So setzt Euch nur auf die bemoosten Stufen
Und lasset blicken Silber oder Gold;
Denn wahre Spieler müssen Gold erst sehen,
Eh' zum gewagten Spiel sie sich verstehen.“

D'rauf zog der Alte schmunzelnd und behende
Die volle Hand mit blankem Geld hervor,
Nahm recht gewandt die Karten, und das Ende
Des langen Blocks er sich zum Sitz erkor.

„Nun, Burschen, flott! Ich will Euch spielen lehren,
An Spielens End' sollt Ihr als Gott mich ehren!“
Und siehe da! er spielte, spielte, spielte;
Doch seinem Spiele ward das Glück nie hold.
wenig nur, ob vieles er auch hielte:
Es schwand dahin sein Silber und sein Gold.

Das paßte recht zum Krame der Gesellen;
Das mochte wohl die gier'gen Herzen schwellen.
D'rauf fiel dem einen Spieler auf die Erde
Ein Kartenblatt. Er bückte sich darnach,
Und sah, o Graus! den Huf von einem Pferde,
Der bei dem einen Fuß des Fremden lag.

Und durfte er auch seinen Augen trauen:
Bückt er sich tiefer doch, um recht zu schauen.
Es war und blieb – dahin schwand aller Zweifel –
Ein Menschenfuß bei einem Pferdehuf.
„Hilf, Jesu Christ! Gott sei bei uns! Der Teufel!“
War jetzt des armen Tropfes ängst'ger Ruf,
Und bei dem Schrei war flugs die Höhl' voll Feuer,
Entfloh'n war mit Gestank das Ungeheuer.

Als wie von einem Blitzstrahl jäh getroffen,
So stierten stumm sich die Gesellen an,
Und über sich sah'n sie die Höhle offen,
Wo fest verschlossen sonst sie alles sah'n.

Viel Kohlen lagen an des Geldes Stelle,
Die sprühten Funken blutigroth und helle.
Da flohen sie in Grausen, Angst und Schrecken
Zum Gotteshaus, das sie vorhin verschmäht,
Um tiefe Reue dort in sich zu wecken,
Und sich mit Gott zu sühnen durch Gebet.

Die [Höhle doch wird sich nicht umgestalten;
Stets wird den Namen Kartstein sie behalten.

Quelle: J.H.Schmitz, Sagen des Eifellandes, 1. Band, Trier 1847