<<< zurück | Sagen des Eifellandes | weiter >>>

Der Schäfer am Pulvermaar

An einem bestimmten Tage, wenn der Lenz die Erde in sein blumenreiches Gewand gehüllt hat, und die Lerche in die Luft steigt, ihr Lied zu trillern, verlassen die Anwohner des Pulvermaars ihre ländlichen Wohnungen und umziehen betend und singend diesen See.

Einst, so verkündet die Sage, war dieser fromme Umgang aus Lässigkeit unterblieben; da wurde das Wasser in seinem tiefen Kessel unruhig, es wallte auf, wie von der Gluth eines mächtigen unterirdischen Feuers erhitzt, und begann sich zu heben mehr und mehr, so daß es drohte zu überfluthen den umgebenden hohen Wall und im Thale die Sorglosen zu ersäufen.

Ein Schäfer, der in der Nähe seine Heerde weidete, gewahrte das tobende Element und erbebte, da er des den Thalbewohnern bevorstehenden Unterganges gedachte. Ahnend die Ursache des erzürnten Gewässers, nahm er, ermangelnd des Kreuzes und der Fahne, vom Haupte den Hut, steckte denselben auf seinen Schäferstab, und umzog betend und singend und gefolgt von seinen Schafen den tobenden See. Und sieh', derselbe fing an sich zu besänftigen, sank immer mehr und mehr, und als der fromme Hirt zur nämlichen Stelle, von welcher er ausgegangen, zurückgekehrt war, erblickte er den Wasserspiegel ruhig und friedlich, wie er an Tagen sich zeigt, wo kein Lüftchen sich regt.

Das aber, so schließet die Sage, geschah zur Warnung, daß nimmermehr unterbliebe, was man seit undenklichen Zeiten andächtig gepflegt.

Quelle: J.H.Schmitz, Sagen des Eifellandes, 1. Band, Trier 1847