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Das Entstehen des Weinfelder See's

  Sch.

Vort auf des Mäuseberges Höh',
Wo itzt ein schauervoller See,
Ein Schloß in grauer Vorzeit stand,
Wie Jung und Alt gar wohl bekannt.

Das Weib, so in dem Schlosse haust'
Und täglich fürstlich lebt und schmaust,
Es war gar hart und Niemand gut,
Voll Ueppigkeit und Uebermuth.

Kein Armer durft ihm flehend nah'n,
Um eine Gabe zu empfah'n;
Konnt's retten ihn vom Hungertod,
Warf's Hunden lieber vor das Brod.

So treibt dieß Weib es lange Zeit,
Denkt nicht an Tod und Ewigkeit;
Es treibt, wie Mancher treibt sein Spiel,
Und find't ganz unverhofft sein Ziel.

Der Graf und seiner Diener Troß
Zieh'n aus zur Jagd mit Speer und Roß;
Sein Schloß, – das sieht er fürder nicht,
Ereilt alsbald vom Strafgericht.

Denn plötzlich sinket es, o Graus!
In fürchterlicher Wellen Braus
Tief in der Erde Grund hinab; –
Verschwunden ist's im Fluthengrab!

Entronnen ist dem Höllenschlund'
Ein Diener nur, die Schreckenskund'
Zu bringen seinem edlen Herrn;
Ihn trifft auf Heimkehr er nicht fern.

Doch dieser lächelnd zu ihm spricht:
„Bei Sinnen bist du wahrlich nicht!
Du lügst, wenn Falchert hier zur Stell'
Nicht scharrt mit seinem Fuß 'ne Quell'.“

Und sieh', das Roß es scharrt sogleich,
Der Ritter graust, und todtenbleich
Gewahret, wie entquillt dem Sand
Der Brunn', heut' Falchert noch benannt.

Und kommt zum schauervollen Ort,
Und starret lautlos fort und fort,
Und glaubt, sein Schloß, das müßt ersteh'n,
Als Täuschung, was er sieht, zergeh'n.

Und wie er starrt, ob nicht sein Auge lüg',
Sein Kind, der Säugling in der Wieg,
Das schaukeln Wellen hin zum Strand, –
Die Unschuld ruht in Gottes Hand.

Und nimmt sein Kind und klammert's fest
An seine Brust, der Habe Rest,
Und mit ihm flieht er fern vom Maar,
Und wieder kehrt er – nimmerdar.

D'rauf, mahnend an des Menschen Pflicht
Und an der Frevler Strafgericht,
Das Kirchlein ward am See erbaut,
Das fern und nah der Wand'rer schaut.

So wisset, wessen Zeugen sind
Für uns und jedes Menschenkind:
Der Falchertsborn, der tiefe See,
Das Kirchlein, altgrau, auf der Höh'!

Quelle: J.H.Schmitz, Sagen des Eifellandes, 1. Band, Trier 1847