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Der Hexenmeister auf der Mühle bei Waltersdorf

In den Waltersdorfer Mühlen war einmal ein Wassermüller, der konnte hexen. Wenn er mit den Leuten auf die Jagd ging und er ihnen einen Schabernack tun wollte, dann bestrich er ihre Flinten mit der Hand und sagte etwas vor sich hin, und dann ging keine Flinte los. Einmal hatte er sich einen jungen Fuchs gefangen. Der holte ihm alle Tage aus den Wirtschaften einen Hahn oder eine Henne und faßte sie ganz sanft an und der Müller verkaufte sie. Ein andermal nahm er seine Flinte auf den Buckel, ging vor die Mühle und schoß auf die Tauben, die in seinem Feld pickten. Zwei Tauben blieben tot liegen. Da kam der Gensdarm vorbei und fragte ihn, ob er geschossen hätte. Er hatte den Rauch gesehen und den Schuß gehört. Der Müller sagte: nein. Und als der Gensdarm die Flinte des Müllers ansah, da war vor der Mündung ein Spinnennetz. Das Schrot war aber an der Seite herausgekommen und hatte die Tauben getroffen.

Als die Richtersche von Langengrassau nach Gehren heiratete, da konnten sie mit dem Wagen, wo ihre Sachen drauf waren, nicht vom Hofe fahren. Und dabei hatten sie die schönsten Pferde im ganzen Dorfe. Der Wagen ging nicht von der Stelle. Da stieg der Kutscher wieder runter, holte eine Axt aus der Scheune und schlug am Vorderrad eine Speiche heraus. Nun ging der Wagen. – Aber zu gleicher Zeit brach sich auf dem Hofe einer der Mühlen ein Mann das linke Bein. Das war der Hexenmeister. Der hatte ein Auge auf Richters Mädchen gehabt, die nun nach Gehren heiratete. Der tat er den Tort1) an und hatte selbst den Schaden davon. Der Hexenmeister konnte auch machen, daß den Bauern, wenn sie vom Hofe fuhren, mit einem Male alle vier Räder gleichzeitig vom Wagen abfielen.

Quelle:


1)
Anmerkung Sagenwiki: eine veraltete Bezeichnung für etwas Unangenehmes, etwa Ärger oder Kränkung