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Der Raubritter von Sallgast und der Bauer Keil

Der Bauer Keil führte einst einen langwierigen Prozeß mit seinem Gutsherrn. Beide wurden zum obersten Gericht nach Prag in Böhmen vorgeladen. Der Ritter verlor den Prozeß. Auf der Heimfahrt holte er den zu Fuß laufenden Bauern ein und sagte zu ihm: „Ich habe zwar den Prozeß verloren, aber dessen ungeachtet dürfen Sie den weiten Weg bis zur Heimat mit mir auf dem Wagen zurücklegen.“ Ahnungslos stieg der Bauer ein, aber in einem finsteren Walde zog der Ritter seinen Dolch hervor und erstach den Bauer und warf ihn aus dem Wagen. Niemand als der Kutscher hatte diese grausige Tat gesehen. In Sallgast angekommen, verkündete der Ritter, daß der Bauer Keil den Prozeß verloren habe; man hab ihn gleich dort behalten, um seine lebenslängliche Kerkerstrafe daselbst abzubüßen. Viele Jahre waren dahingegangen. Da wurde der Kutscher schwer krank, er fühlte sein Ende nahe, sein Gewissen plagte ihn so sehr, bis er endlich die grausige Mordtat offenbarte. Das Gericht verurteilte den Ritter zum Tode durch den Strang. Da aber die Todesstrafe bei den Rittern nicht buchstäblich durchgeführt wurde, so mußte er zeitlebens als Kainszeichen einen Strick um den Hals tragen. Noch heutigen Tages ist an seinem Denkmal in der Kirche der Strick an seinem Halse zu sehen.

Quelle: Robert Scharnweber & Otto Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau N.-L., Berlin 1933