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Paul Gerhard im „Hungrigen Wolf“

Als Paul Gerhard aus Berlin geflüchtet war, kam er am Abend in die Schenke, die zwischen Berlin und Lübben lag, und ließ Essen auf den Tisch tragen; denn seine Frau und Kinder waren hungrig. Er aber aß noch nichts und führte den Wirt zur Barmherzigkeit. Die Nacht um zwölfe kamen zwei und klopften an das Fenster. „Wir wollen hinein“. Der Wirt antwortete: „Nachts um zwölf laß ich niemanden mehr herein, Ihr könnt Räuber sein“. - „Wir sind bloß matt und müde. Wir wollen uns stärken und wollen auch nicht hier bleiben“. Paul Gerhard sprach zum Wirt: „Auf mein Wort hin sollt ihr sie herein lassen. Es werden rechtschaffene Leute sein.“ So ließ sie der Wirt herein, gab ihnen zu essen und zu trinken, und Paul Gerhard fragte: „Es ist doch Nacht und ihr wollt nicht hier bleiben? - In Berlin ist ein Prediger zum Tode verurteilt worden. Wir müssen vor der Hinrichtung da sein, daß er seinen Kopf nicht verliert, sonst verlieren wir auch unsere Köpfe.“ - „Wie heißt er denn?“ - „Paul Gerhard.“ - „Das bin ich, derselbe, und wenn mich der liebe Gott nicht behütet hätte, mein Kopf wäre weg und ihr würdet Eure auch verlieren.“ - Sonach brauchten sie nicht weiter zu gehen und blieben da und bezahlten des Morgens früh für ihn, was seine Familie verzehrt hatte. Da dichtete er das Lied am demselben Ort: Befiehl du deine Wege. Dann gingen sie nach Lübben, und da ist Paul Gerhard wieder Prediger geworden. Die Zwei waren vom sächsischen Kurfürsten gesandt und hatten die Berufung zum Amte gleich mit.

Quellen: Robert Scharnweber & Otto Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau, Berlin 1933