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Das Luttchendorf bei Kaden

Bei Kaden ist eine Feldmark, die heißt das alte Dorf. Da wohnten einmal kleine Leute. Die waren gegen alle Menschen freundlich und halfen jedem, der etwas von ihnen wollte. Sie hatten eine ganz frühere Sprache und machten alles mit, wenn die Leute Feste feierten. Wenn sie Kindtaufen machten, dann holten die Luttchen die großen Menschen zu Gevatter. Da borgten sie sich auch die Butterfässer. Sie konnten nichts von Holz machen. Sie machten alles aus Ton, und wenn etwas zerschlagen war, dann gruben sie die Scherben ein. Wenn einer gestorben war, dann verbrannten sie ihn. Die Asche taten sie dann in große Töpfe und daneben setzten sie kleine Näpfe, die sie vollgeweint hatten. Man kann immer gleich sehen, ob sie einen sehr lieb gehabt hatten, wenn man sieht, ob viele Näpfchen da sind. Denn ihre Gräber findet man meistens in großen Haufen, und immer sind viel Steine darum. Dann kamen die Christen ins Land und bauten Kirchen. Als dann die Christen die Glocken erfunden hatten, zogen die kleinen Luttchen weg nach dem Luck´schen Busche zu, weil sie die die Glöckentöne nicht vertragen konnten. Nachher bauten sich die Christen ihre Häuser da, wo vorher die Luttchen gewohnt hatten. Aber nach einer Weile war Krieg. Da kamen die Feinde und machten fast alle tot und verbrannten das Dorf. Und als die Feinde weg waren, ließen die Christen auf dem alten Dorf Baum und Strauch wachsen und bauten sich an, wo sie nun wohnen. Und das frühere Dorf nannten sie das alte Dorf und so heißt es bis auf den heutigen Tag.

Quelle: Robert Scharnweber & Otto Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau N.-L., Berlin 1933