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Die bunte Henne von Drahnsdorf

Es ging einmal eine Frau von Drahnsdorf nach Wentdorf in der Nacht, und als sie in der Nähe der Pappmühle kam, sah sie eine bunte Henne hin und her laufen, als wenn sie Anschluß bei den Menschen suche. Die Frau konnte die Henne leicht haschen und steckte sie in ihren Kober und nahm sie mit nach Hause. Da stellte sie den Kober mit der Henne in die Stube. Als sie am nächsten Tag in die Stube kam, lag ein Haufen schönsten Weizens auf den Dielen. Und das kam nun alle Tage so und die Frau wurde in ihrer Wirtschaft groß und reich. Die Geschichte hörte später mal ein Mann aus Liedekahle, und er dachte bei sich, die Sache kannst Du auch haben und mal versuchen, ob du nicht auch ein Tier kriegen kannst. Er ging also in der Nacht auf dieselbe Straße. Da kam ein großer schwarzer Hund gelaufen und auf den Mann zu. Der lockte den Hund, und der kam und blieb bei ihm und lief mit ihm nach Hause. Aber am nächsten Tage ging der Hund nicht von dem Manne weg, wohin der auch hinging, und sah ihn immer so böse an, daß dem Manne ganz angst wurde. Alle Leute drängten ihn, er solle sehen, daß er den Hund wieder los würde. Da sagte ihm eine kluge Frau, er müsse den Hund in der Nacht wieder an den Ort bringen, wo er ihn an sich gelockt habe, dürfe nicht sprechen und sich, wenn er weggehe, auch nicht umsehen, was auch geschehen würde. Der Mann tat, wie ihm die kluge Frau geraten hatte und der Hund blieb wieder an dem Orte, wo er ihn zu sich gelockt hatte.

Quelle: Robert Scharnweber & Otto Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau N.-L., Berlin 1933