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Vom an die Thür gebundenen Hunde

  Gulben

In Gulben erschien einst einem Bauer ein Geist und forderte ihn auf, er solle in einem Winkel seines Gartens einen Schatz, welcher dort vergraben sei, heben. Der Geist bezeichnete ihm den Baum, unter welchem das Geld liege. Allein der Bauer horte nicht auf den Geist. Am andern Tage erzählte er seinem Nachbar von der Erscheinung. Der war klüger. In der nächsten Nacht ging er zu dem betreffenden Baume und grub unter demselben nach, er fand aber nichts. Als er noch grub, umsprang ihn plötzlich ein schwarzer Hund. Da liess der Bauer vom Graben ab, knüpfte den Hund an eine Schnur and band ihn an die Thür des Nachbars. Der Hund schien den Garten schon zu kennen. Er war lustig neben dem Bauer hergesprungen und hatte sich ruhig anbinden lassen. Merkwürdig war es, dass er grosse, feurige Augen im Kopfe hatte.

Am andern Morgen fand der Bauer, welchem der Geist erschienen war, dass seine Thür von Aussen zugebunden war. Da er das Band nicht lösen konnte; so riss er die Thür schliesslich mit Gewalt auf. Zu seinem Erstaunen fand er an der Thür einen Sack hängen, welcher mit einer Schnur daran festgebunden war. Der Bauer band den Sack los und fand, dass Geld darin war. Er erinnerte sich, dass er dem Nachbar von der Erscheinung des Geistes erzählt habe. Es fiel ihm ein, das Geld im Sacke könne vielleicht der Schatz aus dem Garten sein. Sogleich ging er zu seinem Nachbar und berichtete ihm von dem Sack mit dem Gelde. Der Nachbar wunderte sich sehr über das, was er hörte, denn er hatte einen Hund an die Thür gebunden. Da sie nun aber einmal im Besitz des Geldes waren, so fristen sie nicht weiter danach, woher es gekommen sei, sondern theilten es sich. Es fand sich, dass sie drei Metzen voll Geld hatten.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880