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Die Lauterbacher Ostersäule

  Meiche, Pirna, S. 155; 
  Senff, historia ecclesiastica, Budißin 1719, S. 165; 
  Hasche, Magazin der Sächsischen Geschichte II (1785), 364; 
  Gräße, Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, 2. Auflage, Dresden 1874, Nr. 218; 
  «Uber Berg und Tal», Bd. I, S. 376 und Bd. VII, S. 24; 
  Kuhfahl, Die alten Steinkreuze, Dresden 1928, S. 192.

Wo die Dorfstraße von Lauterbach durch den Weg nach Stolpen geschnitten wird, erhebt sich eine alte steinerne Marter, die sogenannte Ostersäule. Sie zeigt auf der der Straße zugekehrten Seite das Bild des Gekreuzigten, auf der abgewandten Seite aber die Inschrift: 1584 JAR DAS IST WAR ZVEENE OSTERN IN EINEN JAR. Darunter liest man auf derselben Seite am Säulenschafte die Worte: Erneuert im Jahre 1884.

Über die Bedeutung gibt es verschiedene Erzählungen im Volksmunde. So soll ein Lauterbacher Einwohner im Jahre 1584 seine katholischen Verwandten in der Lausitz, die damals noch zu Böhmen gehörte, besucht und bei ihnen Ostern gefeiert haben. Nach seiner Rückkehr in das evangelische Heimatsdorf aber konnte er dasselbe nochmals tun, wodurch er sich bewogen fühlte, die Säule zu setzen. - Eine andere Erzählung behauptet, daß 1584 die Einwohnerschaft in Lauterbach zum Teil aus Katholiken, zum Teil aus Protestanten bestanden habe und darum das Osterfest im genannten Jahre von beiden Konfessionen an verschiedenen Tagen, also zweimal im Jahre gefeiert worden sei. - Eine dritte Überlieferung endlich sagt, daß ein Fuhrmann aus Lauterbach von einer Fahrt aus Rußland, wo er das Osterfest gefeiert, in seiner Heimat eingetroffen sei, als man gerade das Osterfest einläutete(?). So habe er dieses nochmals gefeiert und zum Andenken daran die Steinsäule auf seinem Grundstück errichten lassen.

Anm.: Sicher ist, daß die Inschrift auf die Einführung des Gregorianischen Kalenders hinweist, der im katholischen Deutschland 1583, in Böhmen, den Lausitzen und Schlesien 1584, im protestantischen Deutschland und Dänemark aber erst 1700 erfolgte. Damit wichen beide Osterfeste um 10 Tage voneinander ab. In Rußland ist der «neue Osterstil» bekanntlich erst zu unserer Zeit angenommen worden.

Quellen: