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Der Nonnenstein bei Weißig

  M. I, Nr. 76; II, Nr. 1 263; 
  Buchhauser, Die Chur-Sächs. Vestung Königstein, 1692, S. 10 und 1710, S. 11; 
  Gräße, Bd. I, Nr. 190; 
  Süße, Historie des Städtgens Königstein, S. 220; 
  Götzinger, Schandau und seine Umgebungen, 1804, S. 134 (Fußnote); 
  Lothar, Volksmärchen, Leipzig 1820, S. 57; 
  poetisch behandelt von Nicolai, Drei Sagen aus der Sächs. Schweiz, Pirna 1852, S. 9ff., 
  und Ziehnert, Sachsens Volkssagen, 5. Auflage, S. 234 ff.

In der Nähe des Dorfes Weissig befindet sich gegen Abend, der Bastei gegenüber, der sogenannte Nonnenstein, der sich, wie ein vierseitiger, mehrere Etagen hoher Turm ohne Dach, gerade in die Höhe erhebt und sich durch diese sonderbare Gestalt von allen übrigen Felsenhöhen unterscheidet. Er soll seinen Namen davon haben, daß da, wo oben auf seinem Gipfel eine Höhlung, einer Schale oder einer Schüssel ähnlich, anzutreffen ist, vor langen Jahren eine Nonne an einem ästigen angefällten Baume täglich diesen Felsen bestiegen und hier ihr Gebet verrichtet habe. Noch 1691 soll ein alter Mönch ebendahin gewallfahrt sein, und das Volk erzählt sich nun, dieser und die Nonne seien ursprünglich ein paar Liebende gewesen, aber durch die Eifersucht des Jünglings getrennt worden, worauf beide in zwei nahe gelegene, nur durch die Elbe getrennte Klöster gegangen wären; und jeden Morgen habe nun die Nonne den nach ihr genannten Felsen bestiegen und sehnsüchtig nach einem andern gegenüberliegenden Felsen, den deshalb so genannten Mönchstein, geblickt, weil sie gewiß gewesen, dort ihren früheren Geliebten aus gleicher Ursache zu erblicken. Von beiden Klöstern ist nur noch weniges Gestein übrig, aber noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts zeigte man die Zelle des Mönchs in den Ruinen.

Anm.: Ziehnert, S. 234 ff., erzählt die Sage anders. Nach ihm ist eine Nonne, welche, nachdem sie den Klosterpförtner vergiftet hatte, mit einem Ritter aus ihrem Kloster in Böhmen entflohen war, von jenem aber, als sie sich ihm hingegeben hatte, schnöde verlassen wurde, zum Tode erschöpft zu einem Greise nach Weißig gekommen und hat um kurze Aufnahme gebeten. Hier hat sie einen Traum gehabt, worin ihr der Nonnenstein mit der daran liegenden umgebrochenen Eiche von einem Engel gezeigt und befohlen ward, hier täglich ihr Gebet zu verrichten, dann werde sie Gnade bei Gott finden. Dies hat sie zwei Jahre lang täglich getan. Da hat man sie eines Tages tot auf dem Felsen gefunden und diesem darum den Namen Nonnenstein beigelegt. - Götzinger meint, es habe wohl die Gestalt des Felsens wie beim Mönchsteine in der Nähe von Rathen zu der Benennung den Anlaß gegeben.

Quellen: