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Zwei Walenberichte über das Meißner Hochland

  M. I, Nr. 53, B und C; II, Nr. 1102.

Das Meißner Hochland ist reich an verborgenem Gold und Edelgestein; doch kennt das Volk weder den Ort, wo diese Schätze liegen, noch den Spruch, der sie in menschliche Gewalt bringt. Nur die Walen wußten dies alles und zogen in alter Zeit, allem Anschein nach schon im 15. Jahrhundert, kreuz und quer durchs Gebirge, um mit Golde reichbeladen in ihre Heimat Italien oder Welschland zurückzukehren. Sie haben aber sogenannte Walenbücher hinterlassen, und wer den dort gegebenen Anweisungen folgt, dem winken noch heute gewaltige Reichtümer. (Walen = Welsche = Italiener.)

In den Büchern aber heißt es:

I. «Hohenwald. Ich, Bastian Derßo von Venedig, bekenne vor jedermänniglich, daß ich beym Hohenwald bey Neustädtlein und einem Dorfe Neukirch und an Bischofswerda bey Pfützen, die nicht weit liegt von Ottendorf - wohl mitten am Berge, und bey der Pfütze stehet eine Tanne, da habe ich dareingehauen drey Kreuze, und mitten unter der Tanne, da die Pfütze, ist groß Gut; vom Goldbergwerk niederwärts magst Du auch waschen.» - «Neustadt bey Bischofswerda gelegen. Relation: Ich, Matz Nicolaus Schlaßkan, thue kund frommen Leuten, daß ich allda mein Gut vom Hohenwalde geholet auf dem Falkenberge, der Hohewald genannt, drey Meilen von Bautzen, bey Neukirchen gelegen. Darauf findet man viel Gesteine nach einander liegen wie eine Mauer, das ist zu aller-Oberst, und wohl mitten auf dem Berge gegen Mittag bey Ottendorf, da ist eine Pfütze, hat roth Wasser, darinnen ist groß Guth, und niederwärts wohl gelegen ein Gewand breit da ist - Gruben vermacht, darinnen ist viel Gold - denn um die Oberhand bey dieser Grube ist viel Gehölze niedergefallen, es stehet eine Tanne dabey, und ist gehauen ein Kreuz, und gegen diesem Baum über liegen drey Steine auf einander gelegt, ist auch ein solch Kreuz, darunter ist die Grube wohl vermacht, eines Knies tief mit Erde und viel Steine darauf geworfen. Das ist geschrieben (14)27.» (C. G. L. C. F. [Christian Lehmann], Nachricht von Walen, Frankfurt und Leipzig 1764, S. 45 u. 62.)

2. «Zwei Stunden bei Bischofswerda, da frage nach Elias' Haldenwald, er liegt zwischen Neukirch und Neustadt und stößt an Ottendorf. Da wird nicht weit sein die sogenannte Säupfütze, darinnen liegen Goldkörner. Von da gehe weiter, so wird eine Grenz-Tanne stehen auf dem Putzkauer, da gehe gerade hinauf, so wirst Du zwölf Steine mit + finden, der zwölfte steht auf dem Valtenberge, bei dem gehe sechs Schritt nach dem Mittag zu, da liegt alt Gereusche und Steine, die räume weg, so wirst Du Goldkörner finden. Ferner lenke Dich 5o Schritt hinauf, da ist ein Marder in einen Stein gehauen. Wenn Du den hast, so gehe fünf Schritte zurücke und räume bei einem Steine weg, so wirst Du groß Gut finden. Item gehe von da weiter nach dem Hohwalde 70 Schritt, so wird ein Entenfuß in einem Steine stehen, da gehe neun Schritte nach dem Mittag zu, da steht eine große Fichte, unter der räume weg, da liegt gediegen Erz. Von da gehe noch 100 Schritte gegen Abend, so wirst Du einen Stein finden, daran ein Bischofsstab gehauen ist. Er ist viereckig. Den hebe auf, so wirst Du Dein ganzes Leben volle Genüge haben. Desgleichen im Hohwalde in des Hasens Brunnen liegen gediegene Goldkörner.» (Mitgeteilt von Dr. Pilk nach einem handschriftlichen Walenbuche.)

Das den letzteren Bericht enthaltende Walenbüchlein gibt zugleich die Anweisung nebst Formel, «wie man das Gold auftun soll»: «Gehe hinzu, falle nieder auf die Knie und bete 5 Vaterunser, drei Ave Maria und einen Glauben. Dies bete zu Gott in seine Dreifaltigkeit und unser lieben Frauen Elend. Und nimm ein kleines altes Röckchen und hänge es über die Grube, das Bergmännchen holt es schon. Darnach mache drei Kreuze vor dich und sprich: Ich beschwöre dich bei der Kraft Gottes und bei der Menschwerdung Jesu Christi, daß du aufgehest, als Christus ist aufgegangen an dem heiligen + und hat erlöst das menschliche Geschlecht. Also müssen aufgehen alle Bande, Kies, Stahl, Eisen, Gold, Silber und alle verdammte Dinge, als Christus ist aufgefahren und uns von der Hand Adams erlöst. Das gebiete ich dir bei Gott dem Vater und Gott dem Sohne und Gott dem heiligen Geiste! Amen. So wirst du wahrhaftig sehen, daß sich die Grube und das Versetzte wird auftun und ledig werden.»

In den Jahren 1810-1812 wohnte ein Wale aus Venedig bei dem Bauer Protze in Berthelsdorf. Er sammelte im Hohwalde am Valtenberge Sand und bewahrte denselben im Speisegewölbe seines Hauswirtes auf. Letzterer hatte nicht die geringste Ahnung von dem groBen Werte des Sandes. Als der Fremde endlich abreiste, lud er der Gutsbesitzer ein, falls er einmal in Not geriete, zu ihm nach Venedig zu kommen, er wollte ihm dann helfend beistehen. Protze verlor im Kriege 1813 all sein Vieh. Da machte er sich auf nach der Lagunenstadt, fand auch nach langer Suchen seinen ehemaligen Gast in glänzenden Verhältnissen lebend wieder. Dort erfuhr er, daß der Venetianer seinen Reichtum dem schwarzen und gelben Goldsande aus der Gegend des Valtenbergs verdankte. Protze wurde freundlich aufgenommen und kehrte reich beschenkt zurück.

Anm.: Die Walensagen sind mindestens ins 16. Jahrhundert zurückzuversetzen, wie aus einem Berichte des Kurfürsten (Vater) August an den Schösser zu Hohnstein 1555 hervorgeht: «Lieber Getreuer! Wir sind von vielen Leuten glaubwürdig berichtet, uns auch etliche Körner und andere Anzeigungen vorgetragen worden, daß in unserm Amt Honstein, Lohmen und darumber an der Elben viel Goldseifen und Wäschwerk gewesen und noch sein sollen, «darauss die Wahlen treffliche schetze hinweggetragen vnd darnach zu gutte gemacht haben sollen, wie du denn auch zum teil darum Wissenschaft und etliche Örter besichtigt haben sollst etc.» (Hauptstaatsarchiv Dresden. Copial 271 Bl. 6bff.) Und der Schösser zu Stolpen schreibt 1561 dem Kurfürsten, daß nach einer «alten Sage - um den Hohenwaldt - groß Gut liegen soll, auch vor Zeiten jährlich die Whalen im Hohenwalde Gold gewaschen haben». Der Hohwald heißt schon in der berühmten Oberlausitzer Grenzurkunde von 1223 (bez. 1241) «Isenberc» (Eisenberg) und das Goldbergwerk zu Neustadt ist schon 1333 urkundlich bezeugt.

Quellen: