<<< zurück | Sagenbuch der Sächsischen Schweiz und ihrer Randgebiete | weiter >>>

Der Mittagsspuk am Großen Zschirnstein

  M. II, Nr. 547; nach Mitteilungen von Theodor Schäfer, Dresden

Wer mit leichtem Wandersinn in der Sächsischen Schweiz über Berg und Tal zieht, der denkt wohl kaum daran, daß neben ihm nicht nur harmlose Menschenkinder, sondern zuweilen auch tückische Dämonen einherfahren. Und doch mag sich jeder hüten, in der Mittagsstunde im hellen Sonnenschein den Großen Zschirnstein zu betreten. Da hat „der Teufel“, wie die Dörfler am Fuße des Zschirnsteines glauben, Gewalt über den Berg und beschädigt die Besucher desselben. Mit dem Teufel ist aber jedenfalls ein Dämon, ähnlich dem Bern-Dietrich oder der Mittagsfrau der Wenden, gemeint.

Einst wanderten zwei junge Männer rüstig dem Großen Zschirnsteine zu. Sie traten eben in den Wald. Da ertönte der helle Ton der Mittagsglocke vom nächsten Kirchturme. In jähem Erschrecken fuhr der eine der beiden zusammen, denn er hatte nicht an die Gefährlichkeit des Ortes gedacht, die ihm wohlbekannt war. Dem anderen war die Sage fremd. Schon aber ging auch ein seltsames Heulen durch die grünen Wipfel; Äste krachten und stürzten zu Boden, und die Vögel erhoben einn starkes und mißtönendes Gekreisch. Still und ernst schritt der eine der beiden Wanderer vorwärts, am ganzen Leibe zitternd der andere. Erst, als die Glocke im Dorfe 1 Uhr schlug, ließ seine Furcht nach, denn im selben Augenblicke nahm der Wald wieder seine heilige Stille an. - Übrigens soll der „Teufel“ zwischen 12 und 1 Uhr mittags früher auch auf dem Lilienstein gehaust haben.

Quellen: