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Die "Quarkse" am Langenhennersdorfer Wasserfall und im Cottaer Spitzberge

  M. I, Nr. 19; II, Nr. 428; 
  Dr. Linke in "Über Berg und Tal", Bd. VI, S. 217; 
  Gräße, Bd. I, Nr. 163; 
  Poenicke, Album der Schlösser usw. im Königreich Sachsen, Meißner Kreis, H. II, S. 23; 
  auch mündlich.

Noch in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts hausten im Zwergenloch am Langenhennersdorfer Wasserfa]] (das sich unterirdisch bis zur Kirche in Langenhennersdorf erstrecken soll) Zwerge, die den Bauern unsichtbar mit bei der Ernte halfen, ja manchmal sogar sich sehen ließen. Einst hatte eine Frau aus dem Nachbarorte bei einem der Zwerge Pate gestanden. Wie die Taufzeugen aus der Kirche kamen, sahen sie einen mit Holz belandenen Schubkarren daherfahren. Das Holz kam in die Behausung, wo der Kindstaufschmaus stattfand, der unsichtbare Führer dieses Schubkarrens war der Kindstaufvater selbst.

Auch im nahen Cottaer Spitzberge lebten solche "Quarkse". Einige von ihnen wohnen noch jetzt in einer Höhle des Berges, deren Eingang nur alle neun Jahre, wenn das umstehende Laubholz geschlagen ist, eine kurze Zeit und auch dann nur in beträchtlicher Entfernung vom Berge auf der südlichen Seite sichtbar ist. Kommt man aber in die Nähe der wahrgenommenen Stelle, so ist die Öffnung so mit Steinen versetzt, daß man irre wird und sie nicht wiederfinden kann. Im Jahre soll aber die Höhle einen Tag lang für jedermann offen stehen. Schade nur, daß niemand weiß, wenn der Tag fällt.

Einst war eine Frau oben am Berge grasen, als gerade die Mittagssonne gewaltig heiß schien, so daß die Frau in das Gehölz ging, um etwas auszuruhen; da befand sie sich plötzlich vor einer offenstehenden Höhle, in welcher längs der Wände Bänke und in der Mitte eine Tafel stand. Auf eine dieser Bänke setzte sie sich nieder, nahm aber dabei ihre Haube ab; nach einiger Zeit ging sie jedoch wieder an ihre Arbeit, vergaß aber ihre Haube mitzunehmen, und erst auf dem Heimwege dachte sie daran; sie kehrte zwar sogleich zurück, allein sie fand keine Höhle mehr und mußte ohne Haube gehen. Da sie sich jedoch den Tag gemerkt hatte, wo ihr dies geschehen war, so kehrte sie das nächste Jahr an demselben Tage wieder an jenen Ort zurück, fand die Höhle offen, und an demselben Orte, wo sie die Haube hingelegt hatte, da lag sie auch jetzt noch.

Ein anderes Mal ging eine Frau, um Gras zu holen, auf den Berg und nahm ihr kleines Kind mit, weil sie niemanden hatte, der es warten konnte. Auch sie fand die Höhle offen und darin eine Anzahl kleiner Männchen, welche sie bat, das Kind, während sie grase, in Obacht zu nehmen. Dies taten sie auch, und als die Frau fertig war, gaben sie ihr ihr Kind zurück und außerdem eine Semmel, die jene, als sie nach Hause kam in Gold verwandelt fand.

Einst ging eine arme Frau, die sich in schwerer Not befand, auf den Cottaer Spitzberg; da trat aus dem Gebüsch ein kleines Männchen auf sie zu und drückte ihr ein Päckchen in die Hand, welches sie aber vor Schrecken in die nahe dabei liegenden Steine schleuderte; später besann sie sich aber eines Besseren, kehrte zurück, fand zwar das Päckchen nicht mehr, wohl aber unter den Steinen einige alte Silbermünzen.

Noch 1854 lebte in Großcotta ein Mann, der behauptete, er sei als Knabe mit einem Schulkameraden auf dem Berge herumgeklettert und habe sich plötzlich vor der offenstehenden Höhle befunden; sie wagten aber nicht einzutreten, sondern liefen entsetzt den Berg hinunter und konnten späterhin, trotz allen Suchens, die Stelle nicht wiederfinden. Ebenso sah man in einer dunklen Nacht drei Zwerge mit langen weißen Bärten in dem lange Zeit unbewohnten, nach der Abendleithe gelegenen Eckzimmer des Cottaer Herrenhauses sitzen und bei dem in das Gemach fallenden Mondenlicht in einem großen Buche lesen. Vielleicht haben die öfters am Cottaer Spitzberge gefundenen Brakteaten (oder Hohlmünzen) mit der darauf befindlichen Abbildung eines Mannes in sitzender Stellung und mit sehr dickem Kopfe Gelegenheit zu der Sage von den Schätze bewachenden Zwergen gegeben.

Quellen: