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Die Sage vom Kuhstalle bei Lichtenhain

  Gräße, a. a. D. S. 179. 
  Cur. Sax., 1743. S. 194f. 
  Götzinger, Schandau u. s. U. S. 254. 
  Hofmann S. 364f. 
  Albina, S. 85. 
  Ziehnert, S. 513.)

In der Nähe des Dorfes Lichtenhain, das eine Stunde von Schandau entfernt ist, befindet sich ein hoher Felsen, früher der Hausberg genannt, welcher eine große, von der Natur gebildete Halle enthält, in welche man durch das zehn Ellen hohe und zwölf Ellen breite Thor, das völlig gerundet und gewölbt ist, tritt.

Weil dereinst in Kriegszeiten die Bauern der Umgegend ihr Vieh hineingeflüchtet haben sollen, so hat man diese Höhle den Kuhstall genannt. Uebrigens sind auch noch mehrere Nebenhöhlen vorhanden, die wohl zum Aufenthalte für die dorthin geflüchteten Landleute gedient haben mögen. Ehe man von Lichtenhain hierher kommt, findet man im Walde eine Art Gesundbrunnen, den man den hellen Fluß nennt, und bei dem in der Zeit des Papsttums verschiedene Wunder sich ereignet haben sollen, nicht weit davon aber einen Felsen, der oben eine ungleiche Vertiefung hat und der Taufstein genannt wird, weil da in Kriegszeiten die neugeborenen Kinder der hierher Geflüchteten getauft worden sein sollen. Diesem Hausberg gegenüber ist die sog. Pfaffenklunst, zu der man durch einen engen Weg fast nur mit Lebensgefahr gelangt. Der Ort soll seinen Namen daher haben, daß ein ehemaliger katholischer Pfarrer zu Lichtenhain sich hierher vor seinen hussitisch gewordenen Pfarrkindern geflüchtet und in das sog. Pfaffenloch versteckt hatte, aber von ihnen entdeckt und in den Abgrund herabgestürzt worden sein soll. An einer andern, von einer schmalen, aber tiefen Schlucht getrennten Felspartie öffnet sich südlich das Schneiderloch, eine 4 Ellen breite und 21, Ellen hohe Höhle, zu der man erst, nachdem man eine andere, einem Rauchfang ähnliche niedrige durchkrochen, auf einer Leiter gelangt. Dort erblickt man an einer Wand eine große angemalte Schere mit der Unterschrift: Schneiderloch; und es erzählt die Sage. daß einst ein Schneider, der ein Haupträuber gewesen sei, sich dorthin vor der ahndenden Gerechtigkeit geflüchtet und lange verborgen habe. Schließlich sei er aber doch hier gefangen und hingerichtet worden.

Quelle: Sagenbuch der Sächsischen Schweiz; Herausgegeben von Alfred Meiche, Leipzig 1894, Verlag von Bernhard Franke