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Von Kaiser Rudolfs des Habsburgers dankbarem Gemüte gegen die Stadt Pirna

  Cur. Saxon. 1756. S. 71ff. 
  nach D. Mauritii Brandts Chronica. S. 575. 
  Gräße, a. a. D. S. 193.

Anno 1267 ist Graf Rudolf von Habsburg aus Schlesien nach Pirna kommen mit etlichen Dienern, und weil er sich auf dem Wege sehr ausgezehrt und von Hause aus so schleunig keine Geldmittel erhalten können, hat er abends den regierenden Bürgermeister in Pirna, Herrn Paul Strausken, zu sich in das Haus zur Mahlzeit laden lassen, und ihn dabei angesprochen, ob er ihm nicht beim Rate zu Pirna 200 Schock Geldes könnte zuwege bringen, weil er solches ißt auf seiner Reise höchst benötigt; er wolle ihnen solches nicht ́allein um Interesse getreulich wieder erlegen, sondern auch solche Freundschaft also dankbarlich verschulden, daß es die Nachkommen genießen sollten. Der Bürgermeister entschuldigte sich zwar hierauf des Rats wegen mit Vorwendung vieler Ausgaben bei der damaligen Zeit, da auch die Ratskammer sehr erschöpft sei: doch versprach er solches Ansinnen dem Rate vorzutragen und dabei so viel zu thun, als ihm möglich. Das geschah auch und der Rat zahlte ihm des andern Tags 200 Schock guter Münze alsbald aus. Ob nun zwar wohl der Graf sich verschrieben, innerhalb Jahresfrist solches Geld dem Rate wieder auszuzahlen, konnte er es doch auf die bestimmte Zeit nicht bewerkstelligen, weil seine Erwählung zum Kaiser (1272) nebst anderen Kriegshändeln dazwischen kam. Er kam darauf 1273 selbst persönlich nach Pirna, ließ den ganzen Rat vor sich fordern und traktierte denselben aufs Freundlichste, erinnerte sich dabei an seine Schuld und ließ ihm 300 Schock Geldes dafür aufzählen, welches aber der Rat nicht annehmen wollte, weil es samt den Zinsen nicht so viel betrüge, wollte es ihm auch als ihrem gnädigen Kaiser schenken, der Kaiser aber wollte nicht und nötigte sie, bis sie endlich 200 Schock von ihm annahmen. Dafür bedankte sich der Kaiser zum freundlichsten, daß sie ihm dazumal in der Not so willig beigesprungen und als einem Fremden ihm die 200 Schock anvertraut, begnadigte die ganze Stadt mit besonderen Freiheiten und verordnete unter anderen, daß, so oft eine Pirnaische Jungfrau würde heiraten, ihr aus seiner kaiserlichen Kammer 30 Schock Geldes zum Heiratsgute ausgezahlt werden solle.

So soll er auch gleichfalls der studierenden Jugend in Pirna unterschiedene Stipendia verordnet haben. So gedenkt auch gedachter Autor, daß kurz hernach, als der gefährliche Krieg zwischen dem Kaiser und dem Könige Ottokar zum Ende gelaufen und der Kaiser ganz Böhmen, Oesterreich, Lausitz und Meißen an sich bracht, er mit Ernst befohlen, daß die Stadt Pirna allein von allen Kontributionen frei geblieben. Als er aber zur Kaiserkrönung nach Speyer sich aufgemacht, hat er unterwegs zu Graf Friedrich von Hohenstaufen gesagt: „Nun wollen wir uns gegen die liebe Stadt Pirna recht dankbarlich verhalten, wegen ihrer redlichen Treue und Aufrichtigkeit so sie gegen uns erzeigt, und soll sie erfahren, daß, wie sie in meiner Not mein Vater gewesen, ich auch ihr Vater und Helfer sein will.„

Quelle: Sagenbuch der Sächsischen Schweiz; Herausgegeben von Alfred Meiche, Leipzig 1894, Verlag von Bernhard Franke