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Der „Waldborn“ und die „schöne Maria“ zu Sebnitz

  Mündlich

Vor alten Zeiten, als in Sebnitz nur erst einige Häuser standen, reichte der Wald noch bis an die heutige Brückenmühle. In diesem Walde rieselte ein klares Wässerchen, der heutige Waldborn. An seiner Quelle breitete eine mächtige Föhre1) ihre Aeste, und dort hing ein wunderthätiges Muttergottesbild. Einst zog ein armer Leinwebergeselle aus Schlesien, Namens Tritschel, durch das Sebnitzthal. Er war von einem heftigen Wechselfieber geplagt, und um seinen glühenden Durst zu stillen, trank er aus dem Waldborn. Da fühlte er sich plötzlich wunderbar genesen und blieb zum Danke in der Stadt. Seine Nachkommen aber lebten noch vor kurzem in Sebnitz.

Als der Wald später gelichtet wurde, da versetzte man die „schöne Maria“ in die Kirche; die Säule, an der sie befestigt ist, ist aus jenem Waldbaume geschnitzt. Die Gottesmutter soll früher geweint haben (weil die Pfaffen den hohlen Kopf mit Wasser angefüllt und Bachfische hineingesetzt hätten, die sich dort tummelten und das Wasser zu den Augenhöhlen herausspritzten). Die Katholiken in dem benachbarten Böhmen haben das Holzschnitzwerk gegen den großen Thomaswald eintauschen wollen. Auch sollen sie es mit Gold aufgewogen haben und die Straße nach Einsiedel von der Grenze bis zur Hammermühle mit Silberthalern haben pflastern wollen. Man hat die Maria aber nicht hergegeben.

Quelle: Sagenbuch der Sächsischen Schweiz; Herausgegeben von Alfred Meiche, Leipzig 1894, Verlag von Bernhard Franke


1)
Anmerkung Sagenwiki: Kiefer