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Der Honigstein

  Nach Dr. Dunger in "Über Berg und Tal", 2. Jahrgang, S. 130; 
  Lafleurs romant. Reise in das sächs. Sandsteingebirge 1798. G. 109.

In der Nähe von Rathen, zwischen dem Feldstein und der kleinen Gans, liegt der Honigstein. Dieser ist noch heute auf der mittäglichen, ganz unzugänglichen Seite mit ausgeflossenem Honig dick überzogen, weil sich vor alter Zeit in den Höhlungen und Rißen zahlreiche Bienenschwärme aufgehalten haben. Oft gingen damals die Umwohner nach dem Felsen und holten sich süße Nahrung. Jedoch der Ritter der nahen Burg Rathen, ein grausamer Wüterich, verbot ihnen den Besuch des Honigsteins, und als trotzdem eines Tages zwei ehrsame alte Leute dort beim Sammeln betroffen wurden, ließ er sie mit seinen Hunden weghetzen. Da flogen die Bienen in dichten Schwärmen aus dem Geklüfte des Steines hervor und stürzten sich in voller Wut auf den hartherzigen Mann. In seiner Angst und Verzweiflung sprang dieser zum Fenster hinaus und verlor in Folge des Sturzes sein Leben. Seit jener Zeit aber bleibt auf der Stelle, wo der Ritter seinen Tod gefunden, kein Schnee mehr liegen.

Quelle: Sagenbuch der Sächsischen Schweiz; Herausgegeben von Alfred Meiche, Leipzig 1894, Verlag von Bernhard Franke