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Der wilde Jäger am Hohwalde

  Dr. Pilk, Belletr. Beilage z. sächs. Erzähler 1891, Nr. 52.

An den Angstberg, einen wildromantischen Punkt des Hohwaldes, knüpft sich eine schauerliche Sage. Der Ostgotenheld Dietrich von Bern, bekannt unter dem slavisierten Namen „Pan Dietrich“, soll hier mit seinem Gefolge in unheimlicher Mitternachtsstunde der Jagd pflegen. Auf gespenstigem, fahlen Rosse, umgeben von einer Meute bellender Hunde und gefolgt vom grinsenden Sensenmanne, saust er durch die Lüfte und achtet nicht der liebreichen Abmahnungen einer lichten Engelsgestalt, die ihn begleitet. Von dem fürchterlichen Getöse erbebt der Angstberg. Wehe dem Wanderer, der in später Stunde den Bannkreis des Geisterspuks überschreitet. Ihn verfolgt und hezt das wilde Heer so lange, bis er totesmatt zusammenbricht. Nach anderen führt nicht Pan Dietrich, sondern Georg von Starschedel, ein früherer Gutsherr von Steinigtwolmsdorf, die nächtliche wilde Jagd im Hohwalde. Dieser war, ehe ihn kurfürstliche Ungnade in 22jährige grausame Kerkerhaft nach dem Hohnstein brachte, wo er 1648 starb, ein leidenschaftlicher Weidmann. Die Sage berichtet sein Ende wie folgt: Einst saß er Sonntags in der Kirche seines Dorfes, als draußen ein stattlicher Hirsch vorbeirannte. Starschedel sprang eilig auf und jagte zu Rosse dem Tiere nach in den Hohwald. Der Hirsch durchschwamm Schafhänsels Teich, in welchen derselbe nachsetzte, jedoch sofort samt seinem Pferde ins Bodenlose versank. Zur Strafe für seine Sonntagsschändung ist sein Schatten nun in alle Ewigkeit verdammt, des Nachts hier zu fliehen vor dem klappernden Tod und anderen Schreckgestalten, die ihn drohend verfolgen.

Endlich erzählt man, daß für den abgeschiedenen Junker im Steinigtwolmsdorfer Herrenhause, auf dem Korridor zur Gerichtsstube, immer ein Bett bereit stehen mußte. Versah man es damit, dann ging Tag und Nacht ein solches Rumoren im Schlosse los, daß niemand dableiben konnte. Bei dem großen Brande, der später das Herrenhaus in Asche legte, und aus dem nur eine Matratze (!) gerettet wurde, gewahrten die Löschenden einen langen Mann im polnischer Rocke, der unverwandt ins Feuer schaute. Das war aber der verstorbene Starschedel.

Quelle: Sagenbuch der Sächsischen Schweiz; Herausgegeben von Alfred Meiche, Leipzig 1894, Verlag von Bernhard Franke