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Der Sebnitzer Polter-Geist

  Eine Predigt von Joh. Wilisch, Pfarrer zu Sebnitz 1654

In dem Städtlein Sebnitz hat es sich begeben und zugetragen, daß etliche Wochen nacheinander, gegen Abend in der Dämmerung, wenn man Licht anzünden wollen, ein schrecklicher Poltergeist sich hören lassen, der auf ein Häuslein eines Bürgers und Schneiders allda, Hans Ackermanns, mit Steinen und Erdklösen geworfen und hineingestürmt, daß an desselben Fenstern und Thüren groß Schaden geschehen. Weil man aber nicht anders vermeinte, es wären böse Leute, hat E. E. Rat deswegen Wache anlegen lassen. Da solches geschehen, hat sich der böse Geist in gedachtem Häuslein an vier unterschiedenen Orten und Enden mit schwarzen Kohlen abgerissen (abgezeichnet) und angeschrieben, da er zuvor Ofen und Fenster eingeschlagen, Tische und Bänke über einen Haufen geworfen und das Bette, darinnen diese zwei alten Eheleute gelegen, auch das öberste zu unterst gestürzt. Welches alles E. E. Rat dem Pfarrherren persönlich angezeiget, der alsobald hingegangen und es also befunden hat, darauf er zu einem jeden Abriß diese Wort unterschrieben:

Des Weibes Samen soll der Schlange den Kopf zertreten. Gen. 3, V. 15.

Nachdem aber das Weib solch unruhiges teuflisches Wesen nicht länger anhören, auch wegen großer Furcht nicht mehr im Häuslein bleiben wollte, weil der Mann etliche Tage verreist war, begab sie sich selbigen Abends zu des Nachbarn Hausgenossen, einem Exulanten und Leinewebern Jacob Hessen, und lag auf seinem Boden über der Stuben. Ungefähr um 10 Uhr zur Nacht, fähet sich ein Geräusch oben an und fället Leumen von der Decke und mühlet dadurch Staub herunter. Sie sehen nauf zum Weibe; das sagt, das Gespenst sei aber dar, es hätte auf dem Bette nach ihr gegriffen, denn abends, da sie hinübergehet zum Nachbar höret sie eine Stimme, so ihr nachgeschrieen: Ich komme auch nach, welches geschehen. Folgenden Tages, es war der 15. Martii, in des Hausgenossen Stüblein hat sich der höllische Geist abermal in der Hellen an die Wand angemalet nebens einem Sarge mit einem weißen Tuche bedeckt, darbei ein Mann gestanden, auch ein großes Stück, aus welchem Rauch gegangen, angezeichnet. Und welches noch das schrecklichste ist, so ist's in dem ersten Häuslein am hellen lichten Tage, früh vor Mittage zwischen 9 und 10 Uhr, in des Nachbars Stuben aber ungefähr zwischen 2 und 3 Uhr nach Mittage, im Beisein ehrlicher Leute, indem sie den Sarg und das andere abgewischt, alsobald wiederum und ehe sie sich umgewendet, von neuem angeschrieben worden, wie es vorhin gewesen. Welches ein großes Wunder, daß auch sonderbares Schrecken bei jungen und bei alten Leuten zuwege gebracht.

Quelle: Sagenbuch der Sächsischen Schweiz; Herausgegeben von Alfred Meiche, Leipzig 1894, Verlag von Bernhard Franke