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Der Rotpelz in den Dürrkamnitzwänden

  Mitgeteilt von Herrn Lehrer Martin nach Vocke, Aelteste Geschichte Nordböhmens

In Tetschen lebte zur Zeit der Leibeigenschaft ein Amtmann mit Namen Egermann, der die Unterthanen aus Eigennutz sehr drückte. Weil er nun nach seinem Tode im Grabe keine Ruhe gefunden und in seiner Wohnung „im Hirschen“ zu Tetschen mit einem roten Pelzmantel begleitet, umgegangen ist, so haben sich die hinterlassenen Anverwandten um Abhilfe an die Leitmeritzer Kapuziner-Ordens-Priester gewendet. Zwei der geistlichen Herren sind nun nach Tetschen gekommen, haben den Sarg mit dem ruhelosen Amtmann auf eine Elbprahme geladen, sind damit bis zu den Dürrkamnißwänden, also bis an die Grenze der Herrschaft gefahren, haben ihn dort in eine Felsengruft hinabgesenkt und den Eingang mittels eines Eisengitters wohl verwahrt, welches noch alte Leute vor 50 Jahren gesehen haben wollen. Seit jener Zeit aber hat man oft zur Mittagszeit eine in einen roten Pelzmantel gekleidete geisterhafte Erscheinung dort umherwandeln sehen und sie den Rotpelz genannt. Nach einer anderen Erzählung hätten die Kapuziner den unruhigen, spukhaften Geist des bösen Amtmanns in eine Flasche gebannt. Als sie jedoch mit der Flasche aus dem Hause traten, um sie nach der dürren Kamnitz zu schaffen, habe der Amtmann oben zum Fenster herausgeschaut.

Quelle: Sagenbuch der Sächsischen Schweiz; Herausgegeben von Alfred Meiche, Leipzig 1894, Verlag von Bernhard Franke