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Der Bauer und das Männlein auf dem Kyffhäuser

Ein Bauer aus Gehofen wurde auf dem Wege nach Nordhausen von einem Männlein befragt, ob er ihm nicht seine Frucht verkaufen wolle. Da der Bauer nichts dawider hatte, so deutete ihm das Männlein an, den Berg hinauf zu fahren. Als sie nun zusammen oben angelangt waren, mußte er die Säcke vor einer Maueröffnung abladen und dann in eine Halle folgen, in der rings an den Wänden große Kasten standen, welche sämtlich mit Gold, Silber und Edelsteinen angefüllt waren.

Hier ,„ sagte das Männlein zu dem Bauer , welcher mit lüsternen Augen die funkelnden Schätze betrachtete, „nimm dir , soviel du in Nordhausen für dein Getreide erhalten haben würdest, aber ja nicht mehr. Hörst du? “ „Ja , ja! “ entgegnete der Bauer, griff mit vollen Händen in einen Kasten, welcher große Goldstücke enthielt, und steckte, da er bemerkte, daß das Männlein nicht auf ihn achtete, soviel davon ein , als seine weiten Taschen zu fassen vermochten. So,„ sagte er, nun habe ich meine Bezahlung und will nun machen, daß ich nach Hause komme.“ „Du hast aber doch nicht mehr genommen als dir zukommt?“ „Ei, behüte und bewahre!„ „Wirklich nicht?“ fragte das Männlein streng und blickte dem Bauer scharf in die Augen. Der aber entgegnete ganz ruhig: „Keinen Pfennig mehr! Leb ' wohl! „ Das Männchen sagte: „Leb' wohl!

Doch hast du mich belogen,
so hast du dich betrogen ! “

Der Bauer hörte diese Worte noch , als er den Berg hinabfuhr, und da er fürchtete, das Männlein werde ihm, wenn es den Betrug bemerke, nachfolgen und einen Streich spielen , so hieb er tüchtig auf seine Pferde und gelangte auch bald in ein am Fuße des Berges gelegenes Dorf. Hier wollte er die ermüdeten und vom Schweiße triefenden Rosse etwas verschnaufen lassen und bei der Gelegenheit sein Geld zählen. Kaum hatte er seine Pferde versorgt, so ging er in eine Stube und leerte seine Taschen. Aber was sah er da? Die großen funkelnden Goldstücke hatten sich in blinde, bleierne Münzen verwandelt.

Kaum hatte sich der Bauer einigermaßen von seinem Schrecken erholt, so lief er eiligst wieder zum Kyffhäuser zurück. Der Weg wurde ihm entsetzlich sauer, denn das vorher schöne Wetter war plötzlich umgeschlagen, unendlicher Regen strömte vom Himmel herab, in der Ferne zuckten Blitze, der Donner rollte und ein wilder Sturm durchsauste die Wipfel der Bäume. Endlich langte er oben an, da umgab ihn aber so dichter Nebel, daß er kaum drei Schritte weit vor sich sehen konnte. Aengstlich und immer ängstlicher lief er in der alten Burg umher, schrie nach dem Männchen, bekannte seine Schuld und bat auf das beweglichste nur um das, was ihm zukomme. Aber kein Männchen erschien; da ward er zuletzt zornig und fing an zu schimpfen und zu fluchen. Nun erhielt er von unsichtbaren Händen so viele und so gewichtige Ohrfeigen, daß ihm die Backen schwollen und er eilends den Berg wieder hinunter stürzte; hinter ihm her ertönten unter lautem Hohngelächter die Worte:

„Hast du mich belogen,
so hast du dich betrogen ! “

Quellen: