Die Nonne im Keller

Der Burgkeller in Jena ist ein altes Gebäude, das von der Stadtkirche nur durch ein schmales Gäßlein getrennt ist. Seine Keller sind durch einen Gang mit den Kellern unter der Stadtkirche verbunden. Nun trug es sich zu, daß zu manchen Zeiten in einem der Keller, wo die Thüre nach den Gewölben der Kirche ist, sich eine Nonne sehen ließ, und die Leute, die in den Keller gesendet waren, bestürzt wiederkamen und sich hinabzugehen für immer weigerten. Glücklicherweise ging eine Alte in dem Hause aus und ein, die oft die Nonne gesehen zu haben behauptete, aber darob verlacht war. Sie erklärte sich bereit, zu den Zeiten, wo die Nonne erschien, den Keller zu besuchen, da sie gar keine Furcht vor dem Geiste hätte. Und so geschah es; ja sie saß Stunden lang mit irgend einer Arbeit unten und erfreute sich, wie sie sagte, des Anblicks ihrer Nonne, die nie von ihrer Thüre sich entferne und fromm und demüthig aussähe.

Quellen:

• Dr. August Witzschel: Sagen aus Thüringen. Meersburg und Leipzig 1930