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Die Venetianer auf dem Reinsberge

Auf dem Wege von Reinsfeld nach Arnstadt, der sich schlängelnd über den hohen Reinsberg windet, steht oben der Reinsburg gegenüber auf luftiger Höhe ein altes steinernes Kreuz. Nicht weit von diesem Kreuze war früher ein dichtes Dornengestrüpp und unter demselben öffnete sich für den Kundigen ein geheimer Gang, der unter dem Gebirge hinweg zur Reinsburg führte.

Einst kamen zwei Venetianer nach Ilmenau, die sich sorgfältig bei einem verschwiegenen alten Manne, Namens Escher, nach der Reinsburg erkundigten. Sie nahmen ihn als Führer mit. Er erfuhr von den fremden Leuten, daß Thüringen gar reich an Gold sei und daß die Bewohner gar nicht wüßten , welch' reiches , gottgesegnetes Land sie bewohnten; auch kannten sie die Goldadern des Gebirges, wuschen Goldkörner aus den Bächen, wußten köstliche Edelsteine zu suchen und waren kundig, verborgene Schätze zu heben, die sich in dem verfallenen Gemäuer alter Burgen finden.

Escher führte die Venetianer zuerst an die alte Mauer der Reinsburg, wo sie prüfend die Wünschelruthe schlugen und dabei hin und her maßen. Endlich deuteten sie auf die gegenüberliegende Wand des Reinsberges, die sich steil über dem Dorfe Reinsfeld erhebt. Dahin wanderten sie eiligst mit allerlei Instrumenten versehen, begleitet von ihrem Führer. Endlich hatten sie das Kreuz erreicht und abermals begann ihr geheimnißvolles Messen . Sie befahlen ihrem Führer stehen zu bleiben und verschwanden in dem dichten Dornengestrüpp. Dort schlugen sie ein und fanden auch nach kurzer Arbeit den verborgenen Gang. Nun zündeten sie Fackeln an und verschwanden in die Tiefe vor den Augen des Führers, der Stunden lang vergeblich auf ihre Rückkehr wartete. Endlich gewahrte er auf der gegenüberliegenden Reinsburg zwei Männer, die schwer beladen von dannen zogen.

Die Venetianer sind seitdem nicht wieder gesehen worden und der Führer wartete umsonst der tückischen Fremden, die, durch Thüringens Schätze bereichert, ohne Dank in ihre Heimat zurückgekehrt waren.

Quellen: