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Der Schatz im Reinsberge

  Thuringia 1843, S. 15.

Ein Schäfer aus dem nahen Kleinbreitenbach hütete oben auf der Reinsburg seine Herde und blies auf seiner Schalmei ein lustiges Stücklein. Dabei war er ein frommer, gottesfürchtiger Mensch, der sein Gebetbüchlein nach frommer Schäfer Sitte immer bei sich trug. Wenn nun Sonntags da unten im Thale die hellen Kirchengloder die Gläubigen zum Gottesdienste riefen, da faltete er auch die Hände und betete aus seinem Himmelswege, und wenn dann gegen Abend die Feierabendglocke des nahen Dorfes durch das stille Thal erklang, da sprach er wieder sein stilles Vaterunser und schickte sich an zum fröhlichen Heimgang.

Einst bemerkte er am Abhange des Felsens eine Wunderschöne Blume, wie er noch keine gesehen hatte. Er steckte sie als Seltenheit an seinen runden Schäferhut. Als er nun langsam dahinschritt, nahm er eine Felsengrotte wahr, die er früher noch nie gesehen. Er schritt auf dieselbe zu und die Neugierde trieb ihn, sie näher zu untersuchen. Sie führte weit, sehr weit in das Innere des Berges und ein seltsamer Glanz erleuchtete sie. Im Hintergrunde glänzten große Haufen von Gold, Silber und kostbaren Steinen. Bei seiner Ehrlichkeit aber wagte er nicht etwas davon zu berühren, denn er gedachte an die Fallstricke des Satans. Mit Angst und Zittern machte er sich auf den Rückweg. Erst in der freien Natur athmete er wieder freier und er nahm seinen Hut ab, denn der Angstschweiß rann ihm von der Stirne. Da sah er nicht mehr die seltene Blume an seinem Hute und als er sich umblickte, war auch die Grotte verschwunden.

Die Schätze des Berges wären sein gewesen, wenn er muthig zugegriffen hätte. Erst nach hundert Jahren wird die Blume wieder blühen und ein Glücklicher wird sie pflücken. Sie ist der Schlüssel zu den verborgenen Schätzen, die nur ein frommer, unschuldiger Mensch heben kann.

Quellen: