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Landgräfin Margaretha

  Dür. Chron. S. 434 ff.

Landgraf Albrecht von Thüringen, genannt der Unartige, vergaß zur Zeit, als er auf der Wartburg wohnte, aller ehelichen Liebe und Treue gegen seine Gemalin Margaretha, die Tochter Kaiser Friedrich's II., weil er heimliche Liebe pflog mit einer Jungfrau, Kunigunde von Eisenberg, die zur Dienerschaft der Frau Landgräfin gehörte. Nun hätte er seine Gemahlin gerne durch Gift um's Leben gebracht, konnte aber vor den getreuen Dienerinnen, die Frau Margaretha um sich hatte, nicht dazu kommen, daß es füglich geschehen möchte. Deshalb machte er mit einem armen Knechte, der mit zwei Eseln Brod, Fleisch und Holz auf die Wartburg in die Küche zu bringen pflegte, den Anschlag, daß er des Nachts über die Frau Landgräfin kommen sollte als ob er der Teufel wäre, und sollte sie erwürgen und ihr den Hals brechen. Dafür gelobte er dem Eseltreiber viel Gutes zu geben, dieser aber mußte ihm sofort schwören, daß er das niemals einem Menschen sagen wollte. Diesem armen Knechte ward nachher bange und leid, doch wagte er Niemand darüber um Rath zu fragen, bei sich aber dachte und sprach er also: Tödtest du deine Herrin, die dir freundlich und gütig zuspricht, so thust du als ein Schalk und Bösewicht und wirst nimmer wieder froh, denn wenn deine Eltern auch arme Leute gewesen sind, so waren sie doch fromme Leute, und du könntest das vor Gott nimmer büßen. Läufst du nun hinweg, so fürchtet dein Herr, daß du es andern Leuten sagst und meldest, und er schickt dir nach und läßt dir das Leben nehmen und spricht vielleicht, du hättest gestohlen, und deine Freundschaft wird durch dich beschämt. Sagst du aber, du wolltest es nicht thun, so läßt er dich auch tödten, und weil er nun die Bosheit Willens hat, so kann deine gnädige Frau und Herrin dem Tode nicht lange entgehen, sie muß gleichwohl sterben.„

Mit diesen Gedanken ging er Tag und Nacht in großen Sorgen umher. Einmal hatte er dieses Willens, ein andermal etwas Anderes. So trieb er es wohl vierzehn Tage lang.

Da däuchte dem Landgrafen Albrecht, daß der Knecht die Sache verziehen wolle, und sprach ihm deshalb ernstlich also zu: „Hast du gethan, was dir befohlen und aufgetragen ward?“ „Herr, ich will es thun,“ gab jener zur Antwort. Und weil dieser nun sah, daß er es nicht länger verziehen und aufhalten konnte, kam er des Nachts zu seiner Herrin, fiel nieder auf ihr Bett und sprach: „Liebe, gnädige Frau, gnadet mir des Leibes.„ Sie fragte: „ Wer bist du?“ Da nannte er seinen Namen. Sie frug weiter: „Ei, was hast du denn gethan ?“ „Ich habe nichts gethan, Herrin,„ war seine Antwort. Sie sprach: „Warum fliehest du zu mir und bittest Gnade ?“ Darauf antwortet der Knecht: „Herrin, ich soll es noch thun.„ „Du bist wohl trunken oder nicht bei Sinnen, „entgegnete die Landgräfin; er aber sagte: „Wie es auch darum sei, gnadet mir und euch und höret mich mit Ruhe und Geduld.“ „Ei, wie kommt das?“ sprach die Landgräfin. Der Knecht: „Mein Herr hat mich geheißen, euch zu tödten, das kann und will ich nicht thun, ich will lieber mit euch sterben. Könntet ihr aber einen Rath finden, daß wir Beide lebendig blieben, so wäre das uns Beiden besser.“ Da hieß ihn die Landgräfin zu ihrem Hofmeister gehen und ihn zu ihr rufen. Das that der Kuecht, und als der Hofmeister kam, bat sie denselben unter vielen Thränen um seinen getreuen Rath. Der rieth ihr, daß sie ihre Kleider, Gold und Kleinode zu sich nähme, er wolle ihr helfen, daß sie heimlich von der Wartburg käme, das wäre ihr Bestes. Sie machte sich fertig mit einem Hoffräulein und ihrem Hofmeister und ging dann auf das gemalte Haus bei dem Thurme, wo ihre beiden Kinder in Hoßen lagen, das eine von anderthalbem Jahre, das andere von drei Jahren, und fiel in ihrer großen Betrübniß nieder auf den ältesten und biß ihm seine beiden Backen beinahe durch und wollte den andern auch beißen. Das wehrte ihr aber der Hofmeister. Sie sprach: „Ich will sie zeichnen, daß sie an dieses Scheiden ihr Leben lang gedenken. “

Im Ritterhause hatte man Seile und Leibache zusammengebunden und die Landgräfin ward mit demselben Knechte, der sie tödten sollte, mit einem Hoffräulein und einer Frau, die ihr beide lieb und vertraut waren, zu einem Fenster den hohen Fels hinabgelassen. Sie gingen die ganze Nacht in großem Jammer und Betrübniß nach dem Kreienberg. Daselbst kamen sie des Morgens früh an. Von dort holte sie der Amtmann des Abtes von Hirsfeld und geleitete sie nach Fulda, wo sie von dem Abte ehrbar empfangen und dann weiter nach Frankfurt gebracht ward. Die Bürger nahmen sie gar wohl auf, denn sie war des Kaisers Tochter und suchte bei ihnen Freundschaft und Zuflucht, und sorgten für sie in aller Weise. Sie lebte dort in stetem Betrübniß und starb im andern Jahre darnach vor Leid und Jammer. In dieser Stadt ist sie auch begraben.

Quellen: