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Das Spiel von den fünf weisen und fünf thörichten Jungfrauen

  Schlorff Bl. 113 ff.

Im Jahre 1322 nach Christus Geburt ward vierzehn Tage nach Ostern am Sonntage Misericordias domini, an welchem Tage die Prediger ihren Ablaß hatten, ein Spiel zu Eisenach gegeben von den fünf weisen und fünf thörichten Jungfrauen, wie es im Evangelium erzählt wird. Wie nun die fünf thörichten verdammt wurden, thaten sie gar sehr kläglich und unsere liebe Frau und die Heiligen baten für sie, aber es half ihnen gar nichts. Das war nun etwas zu hart gespielt. Denn Maria und die Heiligen bitten für keinen Sünder, der verdammt ist, und sie wollen nicht anders als Gott will. Auch will Gott an dem jüngsten Tage nicht mehr gnädig und barmherzig sein, sondern ein gestrenger Richter. Vorher in dieser Zeit ist er uns gnädig und barmherzig und wer sich also mit seiner Neue und Buße hier auf Erden oder in dem Fegefeuer versäumet, der muß den Schaden haben.

Zu diesem Spiele war auch Landgraf Friedrich der Freidige gekommen und sah und hörte das Alles und nahm es sich so zu Herzen, daß er in großem Zorne sprach: „ Was ist der Christen Glaube und unsere Hoffnung, wenn es nicht hilft, daß für uns Sünder unsere liebe Frau bittet und alle Gottes Heiligen flehen ? Wozu dienen wir ihnen, warum sollen wir sie ehren, wenn wir durch sie nicht Gnade erwerben?„ So blieb der Landgraf fünf Tage lang in großem Unmuthe und man konnte ihn kaum verständigen, daß dieses erst an dem jüngsten Tage geschehe und nicht eher. Darauf schlug ihn der Schlag, daß er gelähmt ward an der einen Seite und die Sprache ihm entfiel, daß man ihn übel verstand .

Er lebte nach diesem Zufall wohl noch vierthalb Jahre und starb, nachdem er sein Seelgeräthe gesetzt hatte, in einem Alter von fünfundfünfzig Jahren. Man begrub ihn vor Eisenach zu St. Katharinen in der Capelle des heiligen Johannes.

Bald nachher hätte sein Sohn, Friedrich II., den man nannte den ersten Landgrafen in Thüringen und Markgrafen in Meißen, gern erfahren, wie es um die Seele seines Vaters gewesen wäre und bestellt sei. Das ließ er versuchen einen Meister von der schwarzen Kunst und dieser offenbarte ihm, daß die Seele des Markgrafen ihr Fegefeuer leide in dem Grunde hinter Wartburg unter dem hintersten Thurme.

Quellen: