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Zauberkräuter kochen

  Bräuner's Curiositäten S. 58 ff.
  Grimm deutsche Sagen I, Nr. 119. S. 182.

Im Jahre 1672 hat sich zu Erfurt begeben, dass die Magd eines Schreiners und ein Färbergesell, die in einem Hause gedient, einen Liebeshandel mit einander angefangen, welcher in Leichtfertigkeit einige Zeit gedauert. Hernach ward der Gesell dessen überdrüssig, wanderte weiter und ging in Langensalza bei einem Meister in Arbeit. Die Magd aber konnte die Liebesgedanken nicht los werden und wollte ihren Buhlen durchaus wieder haben. Am heiligen Pfingsttage, da alle Hausgenossen, der Lehrjunge ausgenommen, in der Kirche waren, that sie gewisse Kräuter in einen Topf, setzte ihn zum Feuer und sobald solche zum Sieden kamen, hat auch ihr Buhle zugegen sein müssen.

Nun trug sich zu, dass als der Topf beim Feuer stand und brodelte, der Lehrjunge, unwissend was darin ist, ihn näher zur Gluth rückt und seine Pfanne mit Leim an dessen Stelle setzt. Sobald jener Topf mit den Kräutern näher zu der Feuerhige gekommen, hat sich etlichemal darin eine Stimme vernehmen lassen und gesprochen: „komm, komm, Hansel, komm! komm, komm, Hansel, komm!“ Indem aber der Bube seinen Leim umrührt, fällt es hinter ihm nieder wie ein Sack und als er sich umschaut, sieht er einen jungen Kerl daliegen, der nichts als ein Hemd am Leibe hat, worüber er ein jämmerlich Geschrei anhebt. Die Magd kam gelaufen, auch andere im Haus wohnende Leute, zu sehen, warum der Bube so heftig geschrien, und fanden den guten Gesellen als einen aus tiefem Schlaf erwachten Menschen also im Hemde liegen. Indessen ermunterte er sich etwas und erzählte auf Befragen, es wäre ein grosses schwarzes Thier, ganz zottigt wie ein Bock gestaltet, zu ihm vor sein Bett gekommen und habe ihn also geängstigt, dass es ihn alsbald auf seine Hörner gefasst und zum grossen Fenster mit ihm hinausgefahren. Wie ihm weiter geschehen, wisse er nicht, auch habe er nichts sonderliches empfunden, nun aber befinde er sich so weit weg, denn gegen acht Uhr habe er noch zu Langensalza im Bette gelegen und jetzt wäre es zu Erfurt kaum halber neun. Er könne nicht anders glauben, als dass die Catharine, seine vorige Liebste, dieses zu Wege gebracht, indem sie bei seiner Abreise zu ihm gesprochen, wenn er nicht bald wieder zu ihr käme, wollte sie ihn auf dem Bock holen lassen. Die Magd hat, nachdem man ihr gedroht, sie als eine Here der Obrigkeit zu überantworten, angefangen herzlich zu weinen und gestanden, dass ein altes Weib, dessen Namen sie auch nannte, sie dazu überredet und ihr Kräuter gegeben mit der Unterweisung: wenn sie die sachte würde kochen lassen, müsse ihr Buhle erscheinen, er sei auch so weit er immer wolle.

Quellen: