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Von einer Erfurter Hexe

  Hogel's Chronik von Erfurt. Mipt. S. 1040 f.

Zu Erfurt wohnte ums Jahr 1549 hinter dem Berge ein Pfaff, Ulrich Erkenberger, der mit einer Köchin Haus hielt, welche gern ihres Herrn Diener Anton zur Ehe haben wollte. Er aber mochte das Weibsbild nicht, darum gedachte sie sich an ihm zu rächen, dass es ihm den Kopf kosten sollte. Nun war in der Stadt eine bekannte Hexe, die hatte ein Kind von Wachs gemacht und „wöllene Stecknadeln“ gekauft, die sie hier und dort in der Stadt ausstreuen wollte zu dem Ende, dass eine jede ledige Weibsperson, die eine solche Nadel aufgehoben hätte und in ihre Haare gebracht, zur H … werden, eine verheirathete aber von ihrem Manne laufen sollte. Sie ward aber von einem Schneider verrathen, der ihr Vorhaben gesehen hatte.

Zu dieser Hexe, ehe sie noch einkam, ging jene Pfaffenköchin und liess durch ihren Rath und Beistand genannten Anton, der damals in Gosslar war, in vier Stunden des Nachts auf einem Bock durch die Luft gen Erfurt fahren. Der Bock führte ihn oben zwischen den Thurmspissen auf dem Stift Mariä so nahe hin, dass er mit seinen Füssen an einen Knauf anstiess und darauf beim Pfaff Ulrichen sanft zum finstern Kellerloche hineinfuhr. Dabei war ihm, wie wenn Himmel und Erde auf ihm liege und aus allen seinen Fingern und Zehen lief ihm das Wasser heraus wie Milch. Als er nun im Keller war, da wischte die Köchin auch hinein, sieht ihn, lauft zu ihrem Herrn hinauf und spricht: „Anton, der Bube, ist unten im Keller und hat etwa im Sinn euch heimlich zu erwürgen.“ Herr Ulrich gehet flugs hinunter, siehet ihn auch und fraget, wie er da wäre hinein kommen und was er da mache. Anton erzählt, wie es ihm ergangen und der Pfaff berichtet es geschwinde an den Rath. Sobald dieser es vernommen, liess er den Knecht und die Magd holen samt jener Hexe, examinirte sie und liess den Anton zwar wieder dahin ziehen, die Köchin aber und die Hexe auf einem Karren zur Stadt hinaus fahren und beide lebendig verbrennen.

Quellen: