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Die Nixe der Unstrut - 2. Sage

Eine blutarme Wittwe brachte einst ganz allein ihren wenigen Flachs an die Unstrut zum Rösten und weinte heftig dabei, weil ihr einziges Töchterlein erst vor einigen Wochen ins Wasser gefallen und spurlos verschwunden war. Die Thränen rollten ihr hellglänzend über die Wangen und mischten sich mit den Wellen. „meine Tochter, mein liebes, einziges Töchterchen!„ seufzte sie klagend und jammernd. „Im kalten Wasser liegst du begraben, du armes Kind! Oder hat dich vielleicht die Nixe, von deiner Schönheit bestochen, hinabgezogen in ihre dunkle Wohnung? Nur einmal möchte ich dich sehen, unglückliches Kind!“ So jammerte die Mutter. Da werden plösslich die Wellen ruhiger, bewegen fich leichter und rings umher flüstert und tönt es so lieblich und aus den Fluthen des jenseitigen Ufers tauchet die Nire empor und hält in den Armen das vielbeweinte Kind. „Gieb, ach gieb mir mein frommes Töchterlein, gute Nixe, verlange mein Leben dafür!“ flehte die Mutter. Die Nixe schwebte mit leichtem Fusse auf dem Wasser wandelnd wunderbar näher und legte das Kind in die mütterlichen Arme. Es war aber starr und kalt. „Hast du es getödtet?“ fragte die Mutter weiter, die Nixe schmerzlich anblickend. „nein, so grausam bist du nicht, denn du siehest mich ja freundlich theilnehmend an. Nicht wahr, es ist ertrunken und du konntest ihm nicht zur Rettung herbeieilen? Das hättest du gewiss gethan. Nun, da ich's aber wieder habe, will ich es auch feierlich begraben lassen und sein Grab mit schönen Blumen bepflanzen.“ „Thue das, arme Mutter,“ sagte die Nixe, und im Ton ihrer Stimme lag tiefe Rührung“, und damit du es auch kannst, so nimm hier die Perlen in goldener Schale, sie sind dein Eigenthum; denn alle deine Thränen habe ich aufgefangen und in Perlen verwandelt. Da, nimm nur!“ So sprach die Nixe und verschwand in den rauschenden Wellen.

Quellen: